Zartes Wispern über Schwarz-Grün

Vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg tragen die Parteien noch Kämpfe in den eigenen Reihen aus. Auf der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen gibt es eine Debatte über eine Koalition mit der Union, bisher aber nur verhalten

VON HEIDE PLATEN

Die Grünen in Baden-Württemberg legen ihre Strategie für die Landtagswahl im März 2006 seit heute während einer dreitätigen Konferenz fest. Die rund 200 Delegierten stimmen über Vorstand und Wahlprogramm ab und nominieren ihre Spitzenkandidaten.

Sie streben über 10 Prozent (2001: 7,7 Prozent) der Wählerstimmen an und wollen ohne Koalitionsaussage mit Themen wie Bildung, Integration, Arbeitsmarkt- und Umweltpolitik in den Wahlkampf gehen. Größere Kontroversen werden nicht erwartet. Parteiinterne Debatten über die schwarz-grüne Option, im Südwesten seit Jahrzehnten Tradition, sind dieses Mal verhaltener. Der sichere Spitzenkandidat, der Landtagsabgeordnete Winfried Kretschmann, hätte sich allerdings auf Bundesebene intensivere Gespräche mit der CDU gewünscht. Er warb an der Basis für ein Zweckbündnis und den „mentalen Abschied“ von der SPD. Das will auch sein Widerpart, der wirtschaftsliberale Landtagskandidat Oswald Metzger, der bei seiner Nominierung die „Nibelungentreue“ zur SPD kritisiert hatte. Er will eine Öffnung: „Sonst sind wir 2009 weg vom Fenster!“

Dagegen mag der Europaabgeordnete Cem Özdemir an Schwarz-Grün nicht einmal denken und ist sich darin mit der Grün-Alternativen Jugend einig, die von den Delegierten eine klare Absage einfordern will. Die in den Bundestag gewechselte scheidende Parteivorsitzende Sylvia Kotting-Uhl beruhigte die Gemüter. Derzeit sei die Südwest-Union von den Grünen „weiter weg als der Mond“.

Die Union liegt laut Umfragen sicher bei 45 Prozent. Auch Grüne und FDP können leichte Zugewinne verzeichnen, die Linkspartei käme nicht über die Fünfprozenthürde. Die SPD muss mit Verlusten rechnen und leidet sichtlich an sich selbst und an ihrer Spitzenkandidatin Ute Vogt. Nach deren Beteiligung am Sturz von Bundesparteichef Müntefering hagelte es harsche Kritik aus Ortsverbänden und der Landtagsfraktion. Fraktionschef Wolfgang Drexler konstatierte „großen Unmut“ und nannte Vogts schlechtes Abschneiden bei den Bundesvorstandswahlen „ein ehrliches Ergebnis“. Vogt übte vor der Fraktion Selbstkritik und sprach von „einem reinigenden Gewitter“. Die SPD hofft vor allem darauf, dass die Union es im Wahlkampf diesmal schwerer haben wird, weil sie nicht mehr ungehemmt gegen Rot-Grün in Berlin wettern kann.

CDU-Regierungschef Günther Oettinger musste sich seit seinem Amtsantritt im April 2005 nur mit wenigen Skandälchen, den landesüblichen Streitereien um Personal- und Haushaltsfragen und die Wirtschaftsförderung herumschlagen. Parteiintern ist ihm, einst selbst als ewiger Kronprinz Erwin Teufels verschrieen, sehr schnell ebenfalls ein Kronprinz erwachsen. Sein Nachfolger als Vorsitzender der Landtagsfraktion, Stefan Mappus, vor einem Jahr noch Gefolgsmann der Oettinger-Konkurrentin Annette Schavan, kündigte seine Kampfkandidatur um den Posten des Parteivize an, die die Hausmacht Oettingers schwächen könnte.

Aber auch das konservative Lager ist unzufrieden mit Oettinger, witterte „sozialistische“ Tendenzen, weil der Ministerpräsident energisch für den Ausbau von Ganztagsschulen eintritt. Auch seine Idee, älteren Arbeitnehmern die Gehälter zu kürzen, fand wenig Gegenliebe. Oettinger, einst als Grünen-freundlich eingeschätzt, will am Koalitionspartner FDP festhalten. Bei den Freidemokraten herrscht relative Wahlkampfruhe. Die Landesvorsitzende Birgit Homburger hatte Muße, über Sprachtests für Dreijährige nachzudenken. Sie rechnet mit einem zweistelligen Ergebnis.