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Archiv-Artikel

Kroatiens Regierungschefin wirft Konkurrenten raus

KROATIEN Hintergrund des Konflikts ist der Kampf gegen die Korruption. Regierungskrise abgewendet

SPLIT taz | So hat die kroatische Öffentlichkeit ihre Regierungschefin Jadranka Kosor noch nicht gesehen: Ruhig und mit klarer Stimme verkündete sie am Montagabend in der Hauptnachrichtensendung des Landes den Ausschluss des langjährigen Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Ivo Sanader aus der Regierungspartei HDZ. Damit zeigte die unterschätzte alleinerziehende Mutter ihre Krallen. Sie ist nun unbestrittene Chefin sowohl der Partei wie der kroatischen Regierung. Eine Regierungskrise scheint damit abgewendet.

Anlass für den Rausschmiss Sanaders, der Ende Juni 2009 von seinem Amt als Ministerpräsident zurücktrat, war dessen Pressekonferenz am Sonntag, bei der er seine Rückkehr in die Politik angekündigt hatte. Umgeben von Parteifreunden kritisierte er nach dem Debakel des HDZ-Kandidaten bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl am 27. Dezember die Parteiführung und die Regierungschefin.

Sein Anspruch, wieder die Führung der Partei zu übernehmen, wurde von der Öffentlichkeit als innerparteilicher Putschversuch gewertet. Kosor konterte, indem sie am Montag den Parteivorstand einberief. Nach 10-stündiger Diskussion entschieden sich 15 Mitglieder gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten ( 2003–2009) und Parteivorsitzenden (2000–2009), drei stimmten bei zwei Enthaltungen für ihn. Dieser Schritt brachte Kosor großen Respekt ein. Blitzumfragen zufolge stieg ihre Popularität sprunghaft.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist nach Meinung vieler Oppositionspolitiker und Kommentatoren der Zeitungen der Kampf Kosors gegen die Korruption. Seit ihrer Amtsübernahme am 1. Juli 2009 redet sie nicht nur davon, sondern handelt auch und will damit die Verhandlungen mit der EU über die Aufnahme Kroatiens voranbringen. Sie wies die Staatsanwaltschaft an, ohne Vorbehalte zu ermitteln. Seither sind 27 ehemals mit der Regierungspartei verflochtene Personen verhaftet worden, unter ihnen zwei Exminister. Die kroatische Presse geht nun davon aus, dass Sanader von jenen, die weitere Untersuchungen fürchten müssen, aufgefordert wurde, wieder in die Politik zurückzukehren, um diese Entwicklung zu stoppen.

Sanader gerät jetzt selbst ins Visier der Fahnder. Ungeklärt ist zum Beispiel seine Rolle bei der Privatisierung des Erdölkonzerns INA und in Bezug auf die Hypo-Alpe-Adria-Bank. Der damalige bayerische Ministerpräsident soll 2007 über Sanader auf den Vorstand der Bank eingewirkt haben, damit die Bayern LB die Bank übernehmen konnte. Die Bayern LB hat bei dem Geschäft allerdings über 3 Milliarden Euro in den Sand gesetzt.

ERICH RATHFELDER