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Gorleben-Untersuchungsausschuss„Nicht so perfekt wie heute“

Die Bundeskanzlerin Angela Merkel weist alle Vorwürfe aus ihrer Vergangenheit als Umweltministerin zurück. Die Opposition bezichtigt sie der Lüge.

1995 war sie noch nicht so perfekt wie heute. Bild: dapd

BERLIN taz | Es war der Höhepunkt nach zweieinhalb Jahren: Nachdem der Gorleben-Untersuchungsausschuss des Bundestags auf der Suche nach den Gründen für die Auswahl des Standorts insgesamt 50 Zeugen und Sachverständige vernommen und 2.800 Aktenordner durchforstet hatte, trat am Donnerstag Angela Merkel vor das Gremium. Die heutige Bundeskanzlerin war als Umweltministerin im Kabinett Kohl von 1994 bis 1998 für den potenziellen Endlager-Standort Gorleben verantwortlich. Ob ihre Entscheidungen und Aussagen aus der damaligen Zeit korrekt waren, darum ging es in der mehrstündigen Befragung.

Zwei Punkte standen im Mittelpunkt der Diskussion: Zum einen eine Studie über mögliche Alternativstandort zu Gorleben, die die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) im Jahr 1995 erstellt hatte. Obwohl diese Studie Gorleben gar nicht behandelte und die Autoren im Vorfeld ausdrücklich klargestellt hatten, dass damit kein Vergleich mit Gorleben gezogen werden dürfe, tat Merkel als Umweltministerin genau das: „Die Untersuchungsergebnisse der BGR zeigen für mich, dass es keinen Grund gibt, nach Ersatzstandorten zu suchen. Gorleben bleibt erste Wahl“, hieß es in ihrer Pressemitteilung.

Mit dieser Aussage, so sagte Merkel am Donnerstag, habe sie nicht speziell die Studie gemeint; es habe sich vielmehr um eine „Gesamtanalyse“ gehandelt. Noch eindeutiger waren allerdings Aussagen aus einem Radio-Interview, das die Opposition einspielen ließ. Darin sagte Merkel: „Das wichtigste aus diesem Gutachten ist, dass es keinen Standort gibt, der besser geeignet ist als der derzeitige Standort Gorleben.“ Dies sei eine „Lüge“ gewesen, sagte Dorothee Menzner von der Linken. Ute Vogt (SPD) sah das genauso: „Sie haben die Ergebnisse der Untersuchung bewusst wahrheitswidrig dargestellt.“ Ebenso wie CDU-Obmann Reinhard Grindel wies Merkel die Vorwürfe scharf zurück. Wirklich entkräften konnte sie ihn aber nicht. Stattdessen flüchtete sich die Bundeskanzlerin in Ironie: „Weil ich damals noch nicht so perfekt war wie heute“, begründete sie ihre früheren Aussagen.

Endlager Gorleben

1977 beschließen die Bundesregierung unter Kanzler Helmut Schmidt (SPD) und die niedersächsische Landesregierung mit Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU), den Standort Gorleben zum Bau eines nuklearen Endlagers zu erkunden. Andere mögliche Standorte werden nicht weiter erörtert. Drei Jahre später beginnen, begleitet von Protesten, die Tiefbohrungen in dem Salzstock.

1983 beginnt die Erkundung. Bei späteren Untersuchungen konnte nicht ausgeschlossen werden, dass Grundwasser in das geplante Endlager eindringen könnte.

Im Jahr 2000 wird die weitere Untersuchung ausgesetzt.

Im November 2011 wird beschlossen, auch andere mögliche Standorte für ein Atomendlager zu untersuchen. Wie genau das vor sich gehen soll, ist aber bis heute strittig. (klh)

Nur kleiner Bereich erkundet

Der zweite Teil der Fragen drehte sich um eine Entscheidung Merkels aus dem Jahr 1997: Statt, wie ursprünglich vorgesehen, den gesamten Salzstock in Gorleben zu erkunden, war damals beschlossen worden, sich auf einen sehr viel kleineren Bereich zu beschränken.

Auf Grundlage von Akten und vorherigen Befragungen geht die Opposition davon aus, dass dabei der Wunsch der Industrie nach Kostenersparnis im Vordergrund stand. So findet sich ein Vermerk über ein Gespräch von Wirtschafts- und Umweltministerium mit den AKW-Betreibern im Dezember 1996, in dem es heißt: „Beide Seiten stimmten überein, dass die erforderlichen Arbeiten so kostengünstig wie irgend möglich durchgeführt werden sollten“, wobei darauf zu achten sei, „die ’Glaubwürdigkeit‘ zu erhalten“. Merkel wies es zurück, dass vor allem finanzielle Gründe ausschlaggebend für die Entscheidung waren; vielmehr habe sich die erwartete Abfallmenge verringert, weil ein zusätzliches Lager für schwach radioaktiven Müll im Schacht Konrad geplant worden sei.

Diese Erklärung wies Sylvia Kotting-Uhl (Grüne) als „nicht nachvollziehbar“ zurück. Die verringerte Menge sei lange vorher bekannt gewesen; dennoch hätten alle Experten sich für eine komplette Erkundung ausgesprochen – bis zur Intervention der Atomwirtschaft. Was letztlich den Ausschlag gab, diese Frage blieb am Donnerstag offen.

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12 Kommentare

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  • S
    Sam

    Und der Knaller kommt erst noch. - Wetten!

    Man stelle sich das Jahr 2029 vor, also 17 Jahre später. Ich bin gespannt was uns dann hinsichtlich EU, Bankenkise, ESM-Vertrag usw. bekannt werden wird. Wahrscheinlich auch nur Murks und Stümperei! Genaues weiß Madam Merkel dann natürlich auch nicht mehr - Erinnerungslücken. Wird es Zeit für einen deutschen Frühling?

  • K
    Kurt

    Der heute überall zitierte Auspruch Merkels zeugt nicht von Ironie, sondern von unerträglicher Arroganz!!!

  • EV
    'Ein Volk - eine Führerin' als Rosstäuscherin

    a) hat Merkel Perfektionismus nicht definiert;

    b) hat sich Perfektion als Führer (heutzutage ist mal Merkel als Führerin dran) Einer von 1933 bis 1945 zugeschreiben und das (allerdings auf seine Weise), ebenso ausposaunt.

    Noch Fragen?

  • DB
    das blondchen

    Vor ca. 3 Jahren habe ich einen Bericht über diese unglaublich freche Entscheidung von Frau Merkel gesehen. Damals ist weder eine Reaktion der Presse erfolgt noch sonst jemand hat sich gerührt. Endlich ist das Thema auf dem Tisch. Hat lange genug gedauert, dass die Dame mal Stellung zu ihrer schmutzigen Geschichte nehmen muss. Wie war es nur möglich, alle still zu halten und jegliche Kommentare zu unterbinden? Das sagt uns doch schon alles

  • B
    bempo

    Der Knaller ist doch, das das merkel damit sogar noch durchkommt, wetten?

  • IS
    IUrsula Schneiderhr Name

    Ihren Kommentar hier eingeben

    "War ich noch nicht so perfekt wie heute!"

    So eine Aussage macht mir Angst!!

     

    Ist es perfekt eine "Körperverletzung"

    von kleinen Kindern einer "Religion" zu

    unterwerfen??

    Meiner Meinung nach "nein".

    Nochmal, diese Aussage macht mir Angst.

    "Kein Mensch ist perfekt."

  • V
    vic

    „Weil ich damals noch nicht so perfekt war wie heute“

    sprach ihre Majestät.

    Das mag man sich gar nicht vorstellen, noch schlechter als heute.

  • VW
    Verlogenheit wohin man blickt...

    Tja, de bekommt man wieder einen dezenten Brechreiz. Nicht unbedingt wegen der kaum überraschenden Anschuldigungen, vielmehr aufgrund der Scheinheiligkeit der Ankläger.

    Dass Rot-Grün anstatt zu frschen und Alternativstandorte ausfindig zu machen, die Zeit ihrer Regierungsverantwortung für ein "Moratorium" nutzte ist ein Skandal. Bloß sich nicht die Finger verbrennen, wohl wissend dass nach zehn Jahren der schwarze Peter wieder beim schwarzen Peter angekommen ist.

    Und dann pesten, anschuldigen, und sich schön auf Demos blicken lassen. Das ist so dermaßen unter aller Kanone, dagegen ist es fast erträglich von Leuten belogen zu werden von denen man Lügen erwartet.

  • P
    Pete

    Sie die Merkel war schon immer bekannt dafür eine skrupellose und vor allem eisklalte Frau ohne jede Moral zu sein, so ist sie noch heute und wird so bleiben. Typisch Deutsch ist sie bekommt jedes Volk die Politiker die es verdient.

  • O
    Ockum

    Frau Merkel ist wahrlich Merlins (sprich Kohls) Zauberlehrling.

  • W
    Waage

    Nicht perfekt aber goldig!?!

  • MS
    Michael S.

    Warum nur hat diese Frau so hohe Popularitätswerte?? Es wird mir auf immer ein Rätsel bleiben. Atomkraft ist einfach Unethisch, mehr kann man dazu nicht sagen ohne sich aufzuregen??

     

    Grüsse

     

    Michael S.