Thomas Schaaf zieht die Handbremse

TRENDWENDE Mit Defensiv-Taktik holt Werder Bremen in Gladbach den ersten Punkt nach drei Niederlagen

„Ich glaube, dass wir trotzdem unsere Philosophie beibehalten und unseren Weg gehen werden“

WERDER-TRAINER THOMAS SCHAAF

Als sich Sebastian Mielitz um kurz vor neun auf den Heimweg machte, hatte er seine Gesichtszüge wieder voll unter Kontrolle. Nichts im gewohnt gemäßigten Auftreten des Bremer Torwarts erinnerte mehr an die Szene in der Nachspielzeit, in der die Gladbacher Hoffnungen auf einen Last-Second-Sieg über Werder am Bein von Mateo Pavlović endeten. Mit entschlossenem Spreizschritt verhinderte der kroatische Verteidiger in seinem ersten Startelf-Einsatz einen zweiten Treffer von Peniel Mlapa, der Mielitz bereits ausgespielt hatte. Doch dann kam Pavlović – und Bremens erleichterter Keeper schrie seine Genugtuung in den Abendhimmel.

Das 1:1 im Borussia-Park war gerettet und Mielitz begründete die Gefühlseruption auf der Torlinie später mit seinem Gerechtigkeitssinn. „Darin lag der ganze Frust der letzten Wochen. Der Trainer hat uns super eingestellt und am Ende sind wir mit dem Punkt belohnt worden“, erläuterte der 23-Jährige für ein Team, dessen Trainer Thomas Schaaf nach den drei vorangegangenen Niederlagen gegen Freiburg, in München und gegen Augsburg den großen Besen hervorgeholt hatte. Innenverteidiger Sokratis fehlte wegen einer Gelbsperre, die Herren Aaron Hunt, Marko Arnautović und Mehmet Ekici dagegen landeten aus taktischen Erwägungen auf der Bank.

Gewaltige 48 Gegentreffer in 24 Partien waren für Trainer Schaaf ein klarer Anlass, den freien Fall im Tableau mit einem für Werder eher unnatürlichen Hang zur geballten Defensive zu stoppen. Der Plan gelang immerhin teilweise – das Ausgleichstor für Werder erzielte mit Aleksandar Ignovski einer, der in den vergangenen Wochen meist als Außenverteidiger aufgelaufen war, und Schaaf war anschließend gerne bereit, seine Überlegungen vor dem Gladbach-Spiel zu offenbaren: „Wir haben zuletzt nicht die besten Ergebnisse erzielt und haben uns deshalb der Aufgabe gestellt, unser Tor verteidigen zu wollen“, erklärte Schaaf, ehe er nach Kräften all jene beruhigte, die schon den Garaus für das einst gepflegte Bremer Offensivspiel befürchten.

„Heute hatten wir die Möglichkeit, Änderungen vorzunehmen. Und im Vergleich zu den letzten Wochen haben wir uns in Gladbach deutlich verbessert, haben kompakt und diszipliniert agiert“, listete er die zentralen Ingredienzen für den Auswärtspunkt auf. Gefolgt von dem lauwarmen Bekenntnis: „Ich glaube, dass wir trotzdem unsere Philosophie beibehalten und unseren Weg gehen werden.“

Am Niederrhein aber war erst einmal die fußballerische Handbremse gefragt. Thomas Schaaf zog sie – und alle applaudierten. „Das Ergebnis ist ein Erfolgserlebnis für uns“, betonte Manager Thomas Eichin, während sich Stürmer Nils Petersen auf die nahe Zukunft freute: „Wir werden nun eine etwas entspanntere Woche mit weniger Druck von außen erleben.“ Zumal der nächste Gegner, der gefühlte Absteiger Fürth, Bremens Genesung unterstützen könnte. Thomas Schaaf jedenfalls hat fürs Erste Gefallen gefunden am neuen Stil. „Jetzt haben wir die Gelegenheit“, findet der Werder-Coach, „das Ganze weiter zu verfeinern.“

ANDREAS MORBACH