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Holzrodung in MadagaskarEin Paradies wird geplündert

Skrupellose Geschäftemacher mit politischen Connections plündern Madagaskars Tier- und Pflanzenwelt. Die verarmte Bevölkerung macht mit.

Da ist die Tier- und Pflanzenwelt noch in Ordnung: „Madagascar“, 1. Teil. Bild: Screenshot: Youtube

ANTANANARIVO taz | Im Juli ging der madegassischen Polizei in dicker Fisch ins Netz. Auf dem internationalen Flughafen Ivato, zugleich Militärbasis, griffen sie einen Chinesen mit falschen Ausfuhrbriefen auf. Er gehörte einem Schmugglerring an, der Rosenholz aus Madagaskar nach Asien verschifft: China, Hongkong, Singapur, sagten die Zollbehörden. Zwei seiner sieben Container konnten aus Malaysia zurückgebracht werden.

Der Export von Rosenholz aus Madagaskar ist verboten, es steht auf der Cites-Liste gefährdeter Pflanzenarten. Das seltene und kostbare Tropenholz, doppelt so teuer wie Mahagoni und zum Beispiel in der Herstellung teurer Streichinstrumente und edler Möbel beliebt, ist jedoch eines der lukrativsten Exportgüter des Inselstaates vor der Küste Ostafrikas, der ein weltweit einzigartiges Ökosystem darstellt.

Doch allein im vergangenen Juni wurden aus Madagaskar 79 Container Rosenholz nach China verschifft, im Wert von 16 Millionen US-Dollar. Im gesamten Jahr 2009, dem Jahr des Militärputsches, der Madagaskars amtierenden Staatschef Andry Rajeolina an die Macht brachte, wurden aus dem Hafen Vohemar Rosenholzbestände im Wert von 130 Millionen Dollar ausgeführt. Die nahen Nationalparks von Masoala und Mananara im Nordosten Madagaskars werden regelrecht ausgeplündert.

Madagaskar

Naturschützer schlagen anlässlich der laufenden UN-Konferenz zur Biodiversität im indischen Hyderabad Alarm: Nirgendwo auf der Welt sind mehr seltene Tierarten unmittelbar vom Aussterben bedroht als in Madagaskar.

Einem Bericht der International Union for the Conservation of Nature (IUCN) zufolge leben von den 25 bedrohtesten Primatenarten sechs auf Madagaskar; fünf gibt es in Vietnam. 90 der 103 Lemurenarten auf Madagaskar seien vom Aussterben bedroht. Die Lemuren sind die bekannteste der nur auf Madagaskar lebenden Tiergattungen. 90 Prozent der madegassischen Tier- und Pflanzenarten gibt es nirgendwo sonst auf der Erde.

Als Umweltminister Joseph Randriamiharisoa im April diesen Schmuggel öffentlich kritisierte und den mit Präsident Rajoelina befreundeten Geschäftsmann Mamy Ravotomanga dafür mitverantwortlich machte, wurde er gefeuert. Rosenholz ist nicht die einzige Ware aus Madagaskars Tropenwäldern. So ziemlich alles wird zu Geld gemacht.

Brandrodung für Ackerland

Der im April entlassene Umweltminister kritisierte damals unter anderem, dass 73.000 der 90.000 Hektar Wald im Staatsforst Fanaramanga illegal gerodet worden seien. Es geht dabei nicht nur um Ausplünderung zugunsten von Asien. Auch die Madegassen selbst vernichten ihre Wälder – was für die Elite erlaubt ist, kann dem Volk ja nicht verwehrt werden.

Entlang der ganzen Straße von der Hauptstadt Antananarivo zur Hafenstadt Tamatave ist der Wald verwüstet, ein Verkaufsstand für Holzkohle reiht sich an den nächsten. Holzkohle ist die wichtigste Energiequelle der armen Landbevölkerung. Die illegalen Edelholzfäller ermöglichen durch ihre Stichstraßen in den Wald Zugang zu bisher unzugänglichen Gebieten, und wie in Brasilien werden weite Landesflächen per Brandrodung in Ackerland verwandelt.

Madegassischen Umweltschützern zufolge hat der Inselstaat in den letzten zehn Jahren 524.000 Hektar geschützten Urwald verloren – 5.240 Quadratkilometer. In zehn Jahren, fürchten sie, könnte Madagaskar den Großteil seiner Waldfläche verloren haben und ökologisch ähnlich verwüstet sein wie Haiti – aber zwanzigmal größer.

Die Entwaldung erstreckt sich auch auf die Mangrovenwälder im Süden des Landes, eines der letzten unberührten Ökosysteme der Erde, wohin sich unzählige Fisch- und Krebsarten zurückziehen. Im Dorf Beheloka, 250 Kilometer südlich von Tulear, ist ein Waldgebiet, das 67 Vogelarten barg, komplett verschwunden. Jetzt ist die Küste bereits um 200 Meter inland gewandert. Die australische Bergbaufirma Rio Tinto betreibt in der Mangrovenregion um Taolanaro (Fort Dauphin) eine Titaneisenerzmine.

Drei Schiffe zur Kontrolle

Zwar hat Rio Tinto ein 620 Hektar großes Naturschutzgebiet ausgewiesen, aber dafür darf es 6.000 Hektar Küstenwald fällen, kritisiert die Ethnologin Caroline Seagle. Rio Tinto sagt dazu, die Bewohner würden den Wald sowieso roden. Vor der Küste sieht es nicht besser aus.

Madagaskar hat 5.600 Kilometer Meeresküste, die von gerade mal drei Schiffen und zehn Motorbooten überwacht werden; die Marine des Landes hat weder Flugzeuge noch Hubschrauber. Chinesische und taiwanesische Fischer können somit ungerührt plündern.

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6 Kommentare

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  • H
    Heuchelei

    @Felix

    Gebe bei Google ein:

    "Luftbilder sollen Abholzung von Bayerns Wald belegen"

    Hier in meiner Stadt herrschen schon sehr schlimme Zustände.

    Aber es ist nur ein deutscher Wald und nichts tut der Gutmenschen-Zeitgeist lieber als sich um die Probleme in fernen Länder zu kümmern.

    Wo meine Enkel gross werden, das ist dann ein Land ohne Wälder aber mit viel Fabriken für Fremdarbeiter.

    Kümmere du dich lieber mal um den Dreck vor der eigenen Haustüre, bevor du dich um den Dreck im Ausland kümmerst.

  • F
    Felix

    Wenn man "Made in Island" kennt, ist dieses Projekt sicherlich auch erwähnenswert: http://klaraharden.com/WITH-LOVE-FROM-MADAGASCAR-An-Eco-Adventure-Documentary

     

    @Heuchelei: Ich bin gespannt was du schreibst, wenn vor deiner Haustüre Zustände herrschen würden wie in Madagaskar. Auch viele Rodungen in Deutschland mögen sicherlich umstritten sein, rechtfertigen aber keinen Vergleich mit Entwicklungs-/Schwellenländern.

     

    @Alex: ja warum ist es wohl kein Paradis mehr? Der ganze Planet ist ein Paradis und dort wo er es nicht mehr ist hat der Mensch seine Finger im Spiel.

  • C
    clara

    Auch wenn es in Wirklichkeit keinen interessiert:

    was wird passieren, wenn alles geplündert, alles weg ist.

    Kein Wald mehr da, ausser im heute schon üblichen Disneylandformat, leere verseuchte Meere, Miliarden Menschen

    die alles und ein paar immer mehr haben wollen.

    Klingt pessimistisch?

    Ich weis nicht, Menschen bemerken das offensichtliche zu oft sehr spät. Wenn überhaupt.Die brasilianische Regierung z.B. arbeitet gerade fleissig und effizient an der nächsten Globalkatastrophe:

    Einen Staudamm, der den halben Amazonaswald überflutet - zerstört die andere Hälfte gleich mit.Puff.Weg.

    Aus der Perspektive der das befürwortenden -Entwicklung,Wohlstand,brabbel,gier,grunz....- mag das einleuchtend sein.

    Meine Sicht: so etwas können nur noch Psychiater halbwegs

    konsistent erlären.

  • 5
    562914

    Mal wieder verwendet ihr Ortsbezeichnungen der Kolonialisten und nicht die der Einheimischen.

    Tamatave heißt Toamasina.

  • A
    Alex

    Plündern - logisch. Aber Paradies?

     

    In dem ganzen Artikel wurde relativ wenig über das Land geschrieben, und wenn, dann fielen die Formulierungen eher düster aus:

    "Die verarmte Bevölkerung"

    "Skrupellose Geschäftemacher"

    "Jahr 2009, dem Jahr des Militärputsches"

    "Entlang der ganzen Straße von der Hauptstadt Antananarivo zur Hafenstadt Tamatave ist der Wald verwüstet"

    Ich lese: Ein Land mit verarmter Bevölkerung, geplagt von einem kurz zurückliegenden Militärputsch und teils verwüstetem Land - entspricht das Ihrer Vorstellung von Paradies?

     

    Bitte, bringen Sie zukünftig Überschrift und Artikelinhalt besser in Einklang, schon aus journalistischem Anstand!

  • H
    Heuchelei

    Bei uns wurde ein ganzer Wald (25 Hektar) für die neuen Fabriken eines Tierfutterherstellers gerodet. In dieser Fabrik arbeiten ausschliesslich Fremdarbeiter. Der Wald wurde mit Zustimmung der Grünen abgeholzt.

     

    Leider wohne ich nicht in Madagaskar, sondern in Deutschland. Hier dürfen alle Wälder gerodet werden, das kümmert niemanden. Es müssen Arbeitsplätze geschaffen werden. Wenn man in die Natur will, dann fährt der neureiche Öko nach Frankfurt, setzt sich in den Flieger und ab nach Madagaskar...