Schnüffelei im Imma-Amt

Studierenden soll künftig auf Verdacht das Studium an niedersächsischen Hochschulen untersagt werden können. Datenschützer, Grüne und SPD sind besorgt

„Wenn ein Herr Atta sich einschreibt, wird er das im Immatrikulationsamt kaum zugeben“, sagt Ralf Briese. Damit meint der Rechtsexperte der Grünen, dass er die Pläne für das neue niedersächsische Hochschulgesetz (NHG) für „höchst fragwürdig“ hält. Nach der von Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) vorgelegten Novelle soll potentiellen Gefährdern künftig die Einschreibung versagt werden können. In der Gesetzesbegründung heißt es, „latent gefährlichen Gewalttätern oder dringend eines Verbrechens verdächtigen, aber noch nicht verurteilten Personen“ könne die Immatrikulation verweigert werden. „Was heißt latent verdächtig?“, fragt sich Niedersachsens oberster Datenschützer Burckhard Nedden. Die Gesetzespassage kehre die Unschuldsvermutung ins Gegenteil um und sei „ein Schritt vom rechtsstaatlichen Weg ab“. Er habe Stratmann bereits in einem Schreiben gerüffelt.

„Woher wollen die Hochschulbeamten ihre Verdachts-Momente nehmen – aus der Zeitung?“, empört sich Nedden. Es bereite ihm „große Sorge“, wenn künftig „nach Augenkontrolle“ darüber entschieden werde, ob ein Abiturient studieren darf oder nicht. „Überflüssig“ findet die Regelung auch die SPD-Justizpolitikerin Heike Bockmann. „Entweder man ist Terrorist. Dann gehört man in den Knast. Oder man ist kein Terrorist. Dann kann man auch studieren.“ Der Grüne Briese sieht sogar eine „Lex Schläfer“. Die Unis sollten ja „zudem das Recht bekommen, bei Polizei und Verfassungsschutz Informationen über die Studenten einzuholen“, sagt Briese. Damit werde das „Immatrikulationsamt zur präventiven Schnüffelbehörde“.

Stratmanns Sprecher Thomas Reiter verteidigte den Plan und verwies auf die in Hamburg studierenden terroristischen „Schläfer“ des 11. September und den letztlich freigesprochenen Mounir el Motassadeq: „Wir wollten eine Handhabe schaffen, die über das hinausgeht, was bislang das Hausrecht der Hochschulen leisten kann.“ Im Februar soll das Gesetz im Landtag beraten werden.

Lutz Stratmann hat es nicht leicht. Für Wellen sorgte gestern die Äußerung seines Sprechers Reiter, die Kritik des Landesrechnungshofes (LRH) an den Studiengebühren-Plänen „existiert uns gegenüber nicht“. Der LRH konkretisierte etwas später seine Forderung erneut: Niedersachsen solle es doch „wie Bayern machen“, wo die Hochschulen über die Gebühren in einem Korridor von 300 bis 500 Euro entscheiden können. Das fördere den Wettbewerb. In Niedersachsen sollen alle Studenten ab dem Sommersemester 2007 einheitlich 500 Euro pro Semester zahlen. Eine Beitragshöhe, die sich an der Leistungsfähigkeit der Hochschulen orientiere, sei „nicht rechtssicher“, erklärte Stratmann. KSC