Aufbruch im Rentnerparadies

TENNIS Ein milliardenschwerer Investor möchte das Turnier in Indian Wells, die Nummer fünf der Welt, noch attraktiver machen. Weitere 70 Millionen Dollar gibt Oracle-Gründer Larry Ellison dafür aus

INDIAN WELLS taz | Nebeneinander standen sie im Sand, Bauhelme auf dem Kopf, in den Händen nagelneue Spaten. Ein Zeremonienmeister zählte bis drei, dann traten Novak Djokovic, Roger Federer, Rafael Nadal, Wiktoria Asarenka und Ana Ivanovic in Aktion. Dazu nur so viel: zum Umgraben des eigenen Gartens sollte man keinen der fünf einladen. Aber Larry Ellison war dennoch zufrieden.

Griff in die Portokasse

Der Besitzer des Indian Wells Tennis Gardens und des darin stattfindenden Tennisturniers hatte die Spieler zum ersten Spatenstich geladen. Innerhalb eines Jahres werden an genau dieser Stelle ein neues Stadion mit Platz für 8.000 Zuschauer und zwei Restaurants entstehen, Teil der Erweiterung der ohnehin schon imponierenden Anlage. 70 Millionen Dollar soll die Chose inklusive des neuen Courts Nummer 2 kosten, und Ellison wird’s bar bezahlen. In der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt steht der Gründer und Präsident des amerikanischen Softwarekonzerns Oracle mit einem Besitz von 36 Milliarden Dollar aktuell auf Platz 5.

Vor vier Jahren erwarb Ellison den Tennisgarten im Coachella-Tal, knapp 200 Kilometer nordöstlich von Los Angeles gelegen. Und er kaufte auch das wichtigste darin stattfindende Ereignis, das Tennisturnier, fünftgrößtes der Welt nach den Grand-Slam-Turnieren in Melbourne, Paris, Wimbledon und New York. Der Garten ist schon jetzt eine imponierende Anlage, großzügig, grün, bisweilen verspielt, mit dem zweitgrößten Tennisstadion der Welt (16.100 Plätze) als Herzstück, ausgerüstet mit dem elektronischen Kontrollsystem Hawk-Eye auf allen Plätzen; das gibt es sonst nirgendwo.

In spätestens fünf Jahren wollen sie in Indian Wells 500.000 Zuschauer sehen, 2012 waren es bereits 370.000 in elf Tagen. Aber auch in diesem Fall erzählen die Zahlen nur einen Teil der Geschichte. Lange Zeit hatte das vor mehr als 30 Jahren vom früheren US-Spitzenspieler Charlie Pasarell ins Leben gerufene Turnier kein besonders frisches Image. Im Riverside County verbringen viele reiche, ältere Menschen ihren Lebensabend – die Millionärsdichte liegt nirgendwo in den USA prozentual höher als hier. Es gab nicht wenige Spieler, die den Ausflug in die manikürte Wüste deshalb alles in allem langweilig fanden.

Kein Stress

Partygänger Goran Ivanisevic machte sich einst ziemlich unbeliebt, als er meinte, das sei zwar eine paradiesische Gegend, aber mit toter Luft drumherum. Auch Roger Federer kann sich erinnern, dass er am Anfang lieber zu anderen Turnieren fuhr als nach Indian Wells, mittlerweile als Familienvater schätzt er Ruhe und Beschaulichkeit. „Es ist sehr angenehm hier, sehr einfach“, sagt er, „und keiner ist gestresst.“ Wer jemals die drangvolle Enge im Stade Roland Garros bei den French Open in Paris erlebt hat, der weiß, was Federer meint.

Die Stars werden bei den meisten Turnieren verwöhnt, aber auch das Fußvolk genießt in Indian Wells Privilegien. Jedem Spieler wird ein eigener Wagen gestellt. Es gibt Gutscheine für Besuche auf den mehr als 20 Golfplätzen der Umgebung. Vor der Kulisse der schroffen, braunen Berge wiegen sich die Palmen im Wind, und überall locken kleine Ecken zur Entspannung.

Bürgermeisterin Mary Roche hatte recht, als sie beim Spatenstich meinte, ihre kleine Wüstenoase mit weniger als 5.000 Einwohnern habe auf kleinem Raum viel zu bieten. Vielleicht sollte Goran Ivanisevic mal wiederkommen. Mit 41 ist er ja inzwischen auch nicht mehr der Jüngste. DORIS HENKEL