Dark und durch

ORTSTERMIN Bibiana Beglau liest in der Berghain Kantine harten Stoff aus Italien. Macht sie gut

Wir befinden uns in der Berghain Kantine in Berlin, das Mikrofon geht nicht und Bibiana Beglau sagt: „Dann schreie ich halt, das kann ich auch sehr gut.“ Bei der ersten der drei Lesungen an diesem spätverschneiten Samstagabend hatte die Autorin Isabella Straub ihre Protagonistin noch fragen lassen, „worin sie besonders durchschnittlich“ sei. Und die zweite Autorin der Release-Party von Blumenbar, Monika Zeiner, hatte warnend ihrem Vortrag vorangestellt, dass es bei ihr nichts zu lachen gebe. Was dann auch stimmte.

So präsentierte sich das neue Blumenbar-Programm durchaus heterogen. Vor allem aber war der Abend ein Abschied. In den nuller Jahren gehörte Blumenbar zur Speerspitze der jungen Independent-Verlage, die sehr viel bewegten, dann peu à peu entweder pleitegingen oder tapfer weitermachen oder als Imprint weitergeführt werden – wie Blumenbar nun bei Aufbau. Unter den Unabhängigen war Blumenbar der charmante Großkotz gewesen, mit Verve von Verleger Wolfgang Farkas betrieben, der nun bei Aufbau in beratender Funktion tätig ist.

Hauptakt des Abends war die Beglau-Lesung aus „Tu dir weh“, dem Debüt der 23-jährigen Philosophin Ilaria Palomba aus Bari. Eine hübsch-pornografische Initiations- und Drogengeschichte, die die Darkrooms einer reichlich kaputten Gesellschaft ausleuchtet. Und nachdem Beglau mit dem fassbindernden Getue fertig war, sezierte sie das Buch so genau, dass man gar keine Autorenlesungen mehr hören will. Ilaria Palomba sah aus, wie man sich eine Berghain-Gängerin vorstellt – man selber kommt nur bei Literaturveranstaltungen auf die Gästeliste und hat zudem eine Anstellphobie. Und wie die nicht so hippen Autorinnen später verloren zwischen dem Partyvolk standen, war schon die Frage, ob die gute alte Lesung im Oma-Café nicht literatengemäßer wäre. AMBROS WAIBEL