AN BEIDEN UFERN DER SEINE SOLLEN DIE EINWOHNER DER FRANZÖSISCHEN HAUPTSTADT UND DIE VERLIEBTEN BALD WIEDER FLANIEREN KÖNNEN
: Wenn der Asphalt einem Panaromaufer weichen muss

VON RUDOLF BALMER

NEBENSACHEN AUS PARIS

Kann man das Rad der Geschichte zurückdrehen? In Paris ja. Bis vor Kurzem galten die „Express“-Autostraßen auf beiden Ufern der Seine, die Mitte der 70er Jahre gebaut wurden, als unvermeidliche Konzession an den „Fortschritt“. Die se Epoche geht zu Ende. Die 2,5 Kilometer lange Strecke zwischen dem Pont Royal (die Brücke, die vom Musée d’Orsay zum Louvre führt) und dem Pont d’Alma wird definitiv verkehrsfrei.

Auf diesem Uferstück links der Seine sollen Einheimische und Touristen wieder flanieren können wie einst, als die Seine-Metropole sich den Ruf einer romantischen Hauptstadt der Liebe verdiente. So will es Oberbürgermeister Bertrand Delanoë: „Dass einer schönsten Orte der Welt – die Ufer der Seine – einer Stadtautobahn geopfert wurde, war ein tragischer Fehler. Wir werden die Ufer den Bewohnern und den Paris-Verliebten zurückgeben“, schwärmt er.

Der Chef der rot-grünen Stadtregierung will sich zum Abschied im Jahr 2014 ein Denkmal setzen. Rund 4,5 Hektar werden in einen Erholungsraum und in eine Kulturszene umgebaut. Der Asphalt weicht einer Promenade. Ein Tunnel wird in einen Ort für Happenings und Performances umgestaltet. Vor dem Museum im umgebauten Bahnhof Gare d’Orsay ist eine „Belvedere“-Tribüne vorgesehen, von der aus das Publikum Spektakel oder Konzerte auf der Bühne im Wasser verfolgen können. Auch flussabwärts wird auf Kosten der Seine Land gewonnen, um ein Restaurant und „schwimmende“ Gärten auf fünf künstlichen Inseln zu bauen.

Bei den Taxifahrern und der Automobillobby herrscht Unmut. Ihnen hatte dieser neue Eingriff in ihr Grundrecht auf freie Fahrt gerade noch gefehlt. Die ganze Stadtplanung solle den Parisern das Auto richtig verleiden, sagen sie. Seit 2011 hat der Straßenverkehr schon um ein Viertel abgenommen.

Von einem Paradies für Fußgänger oder Radfahrer ist Paris aber noch weit entfernt. Auf den Terrassen der allermeisten Cafés hat man Lärm und Gestank zum Nachbarn. Dass sich das ändert, wünschen sich viele Pariser. Nur auf das eigene Auto wollen sie eben doch nicht verzichten.