piwik no script img

Piratenpartei vor ParteitagDemokratie-Update gesucht

Twitter, Mumble, Streams – die Piratenpartei nutzt gerne die modernste Technologie. Entschieden wird aber überwiegend im „real life“.

Nicht unumstritten: Die Software Liquid Feedback im Einsatz. Bild: dapd

BERLIN taz | Für einige Zeit nahm kaum jemand Notiz von der Piratenpartei Deutschland, gegründet 2006. Aber spätestens seit sie vor gut einem Jahr in Berlin ins erste Landesparlament eingezogen ist, lernt die Öffentlichkeit eine junge Partei kennen, die anders tickt als die anderen.

Die Piraten werden gerne als Internet-Nerds beschrieben, die alles online erledigen. Dieses Bild trifft nur auf einen Kern zu – und stimmt auch sonst nur zum Teil. Richtig ist, dass die Piraten alle möglichen modernen Kommunikationsmittel einsetzen. Sie schreiben Kurznachrichten auf Twitter, sie treffen sich im Mumble zu Telefonkonferenzen, sie schreiben Protokolle in Pads und übertragen Sitzungen live im Internet.

Jedes Mitglied kann mitlesen und mithören, was besprochen wird. Grenzen sind nur die schiere Masse an Kommunikation – und die Tatsache, dass manche wichtige Gespräche dann doch hinter verschlossenen Türen stattfinden.

Verbindliche Entscheidungen auf Bundesebene kann bisher einzig der Bundesparteitag treffen. Alle Abstimmungen, die online stattfinden, sollen die Meinungsbildung lediglich vorbereiten. Einen Schritt weiter wollen einige Landesverbände gehen. In Mecklenburg-Vorpommern wurde die „laufende Mitgliederversammlung“, die verbindliche Positionspapiere verabschieden kann, schon eingeführt. Sie wird jetzt auch für die Bundespartei gefordert.

LiquidFeedback

Höchst umstritten innerhalb der Partei ist die Entscheidungsfindung mit der Software LiquidFeedback, die die Piraten bisher verwenden. Manche Landesverbände setzen das Programm, das Basis- und repräsentative Demokratie kombiniert, gar nicht ein. Auch zum jetzigen Bundesparteitag gibt es einen Antrag, der die Abschaffung von LiquidFeedback fordert.

Ein tiefer Graben spaltet die Partei auch in der Frage, ob die Mitglieder mit ihrem echten Namen abstimmen müssen. Eine Abstimmung mit nicht zuzuordnenden Pseudonymen, wie sie derzeit praktiziert wird, lehnen auch die Entwickler der Software ab, weil das Ergebnis nicht transparent überprüfbar ist.

Neben aller Onlinekommunikation versuchen die Piraten auch, sich regelmäßig auf Veranstaltungen persönlich zu treffen. Sei es bei Treffen auf lokaler Ebene, in der „Crew“, bei Arbeitstreffen im „Squad“ oder auf einer Wohlfühlveranstaltung namens Flauschcon, die allerdings jüngst finanziell aus dem Ruder gelaufen ist. Die Piraten nennen das: sich treffen im „real life“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!