Die Bundeswehr ist keine humanitäre Einrichtung. Sie ist eine Armee
: Die Naivität des Parlaments

Gerade ist die Bundeswehr für ihre Tsunami-Hilfe mit einem Bambi geehrt worden. Eine niedliche Trophäe. Wenn man den Preis so ernst nehmen will wie einflussreiche Massenmedien, dann ist die Würdigung zudem ein wichtiges Signal. Es besagt, dass die Bundeswehr einfach klasse ist. Sie leistet stets vorzügliche Arbeit. Egal wo und egal wie.

Einige erfahrene Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen haben versucht, den Tsunami zum Anlass für eine grundsätzliche Diskussion über Modalitäten der Nothilfe zu nehmen. Sie müssen ohne das entzückende Rehkitz auskommen. Nichts ist so löblich wie die – scheinbar – politikferne Hilfsbereitschaft der deutschen Armee. Da dies so ist: Wer könnte etwas dagegen haben, wenn die Bundeswehr endlich auch im Inland segensreich tätig werden könnte? Allenfalls verbohrte Ideologen.

Es ist nicht davon auszugehen, dass die Bambi-Jury bei ihrer Kür derart weit reichende politische Überlegungen angestellt hat. Genau deshalb kann man ihr bescheinigen, durchaus im Trend zu liegen. Die politische Klasse sieht das mehrheitlich nicht anders. Soldaten sind nette Leute, und die Bundeswehr ist eine humanitäre Einrichtung, der wir alle dankbar sein sollten: Auf ziemlich genau diesem Niveau bewegte sich gestern die erste sicherheitspolitische Parlamentsdebatte seit dem Amtsantritt der neuen Regierung.

Keineswegs nur seitens der Koalitionsfraktionen. Die Rednerin der FDP setzte sich vor allem für das Weihnachtsgeld der Wehrdienstleistenden ein und bewies damit, dass auch sie der Ansicht zu sein scheint, es gehe im Zusammenhang mit der Bundeswehr vor allem um Fragen des menschlichen Zusammenlebens. Das ist ein Irrtum.

Es wäre selbst dann ein Irrtum, wenn die Bundeswehr derzeit nicht an mehreren Fronten gleichzeitig kämpfte. Angesichts der Weltlage zeugt diese Sicht von geradezu erschütternder Naivität. Schon wahr: Die Linkspartei und die Grünen (die es sich in der Opposition ja wieder leisten können) haben sich um eine Repolitisierung der Diskussion bemüht. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse ist das jedoch ziemlich egal. Die große Koalition kann jeden Vorstoß der Opposition ignorieren. Was sie offenbar auch zu tun beabsichtigt. BETTINA GAUS