UNTERM STRICH

Nach dem Mordanschlag eines Islamisten auf den dänischen Karikaturisten Kurt Westergaard kritisiert die Berliner Soziologin Necla Kelek das „Duckmäusertum“ deutscher Medien. Kelek zitierte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa Salman Rushdie. Dieser habe gesagt, es sei völlig in Ordnung, dass Muslime „gegen Diskriminierung protestieren, wann und wo immer sie ihr ausgesetzt sind. Absolut nicht in Ordnung ist dagegen ihre Forderung, ihr Glaubenssystem müsse vor Kritik, Respektlosigkeit, Spott und auch Verunglimpfung geschützt werden.“ Salman Rushdie habe Mut, „im Gegensatz zum Feuilletonchef der Süddeutschen Zeitung“, kommentierte Kelek einen Text Andrian Kreyes zum Thema. Kreye befinde sich in einem mentalen Panikraum, wenn er angesichts des versuchten Attentats auf Westergaard meine, über die Qualität der Mohammed-Karikatur philosophieren zu müssen. Kreye hatte geschrieben, man könne ein Werk der Weltliteratur, „in dem sich einer der klügsten Schriftsteller unserer Zeit auf kulturgeschichtlich höchstem Niveau mit den religiösen Spannungen seines Heimatlandes Indien auseinandersetzt, nicht mit der plumpen Witzelei eines dänischen Karikaturisten vergleichen.“ Das Problem liege aber ohnehin anderswo: „Im Westen geht die Wertedebatte prinzipiell davon aus, dass der Wertekanon von Freiheit, Gleichheit, Demokratie und Menschenrechten etwas ist, das der gesamte Rest der Menschheit herbeisehnt.“ Freiheit und Demokratie seien aber „keineswegs Lebensformen, die in der islamischen Welt als höchste Stufe der menschlichen Entwicklung angesehen werden“, schrieb Kreye. Kelek merkte dazu an, es sei bitter, „wie sich manche Medien selbst dann winden, wenn es schlicht darum geht, das Recht auf Meinungsfreiheit und das Leben eines Mannes zu verteidigen.“

Peter Sloterdijk führt das deutsche Steuersystem auf eine grundlegend falsche Vorstellung von der menschlichen Natur zurück. „Die reale Solidargemeinschaft mit fiskalischen Zwangsmaßnahmen herstellen zu wollen, ist ein blamabler Ansatz“, sagte der Philosoph in der am Donnerstag erscheinenden Ausgabe des Stern. „Diese elende Ideologie, die bei sich und den anderen nur Gier kennt, beweist, dass wir einem falschen Menschenbild aufgesessen sind. Man kommt gar nicht erst auf den Gedanken, die Menschen in ihren Geberqualitäten ernst zu nehmen“, sagte Sloterdijk. Der Philosoph hatte mit dem Vorschlag, den Staatshaushalt nur durch Spenden von „Leistungsträgern“ zu finanzieren, eine heftige Debatte ausgelöst.