piwik no script img

DVD „Park Row“In New Yorks alter Zeitungsstraße

Im Drama „Park Row“ (1952) im Manhattan der 1880er bekriegen sich die Chefredakteure zweier Zeitungen. Manchmal begehren sie sich auch.

In der heutigen Park Row ist von der ehemaligen Zeitungsromantik nicht viel zu sehen.

Im Vorspann laufen die Namen von 1.700 amerikanischen Zeitungen im Schriftzug ihres Titels durchs Bild. Gewidmet ist „Park Row“, der dann folgende Film, „dem amerikanischen Journalismus“. Der Name Sam Fullers, des Autors, Regisseurs und auch Produzenten des Films, erscheint am Ende des Vorspanns selbst wie gedruckt – als Schrifttype nämlich in den Händen eines Johannes-Gutenberg-Denkmals.

Von da fährt die Kamera weiter durch einen New Yorker Straßenzug der 1880er Jahre, vorbei an einem Monument des Druckers, Verlegers und Erfinders Benjamin Franklin, hinter dem die Hauptfigur des Films dann hervortritt: Phineas Mitchell (Gene Evans), Zeitungsjournalist mit Ambition, der seine Zeitung, den Star, für Agitation in einem Kriminalfall scharf kritisiert, die zur Hinrichtung eines Unschuldigen führte.

Park Row war die Zeitungsstraße im alten New York. Hier waren die Redaktionen vor allem der Tabloids ansässig, die Druckerpressen befanden sich ebenfalls dort. Um Realismus geht es Sam Fuller, der selbst ein Zeitungsmann war, aber gar nicht. Sondern ums Herzblut.

Sein ganz fiktiver Held Mitchell bekommt beim Kneipengespräch eine Chance: Er wird Chefredakteur einer Neugründung namens Globe, die sofort gegen den Star und dessen skrupellose Chefin Charity Hackett reüssiert. Exklusiv kann der Globe den sensationellen Sprung Steve Brodies von der Brooklyn Bridge auf der ersten Titelseite vermelden (die Geschichte machte Furore, wenngleich nie restlos geklärt wurde, ob der Sprung tatsächlich stattfand). Vor allem setzt er Brodie und seinen Sprung per Zeichnung ins Bild, eine Neuerung im Zeitungsgeschäft.

Das Herzblut eines Zeitungsmannes

In den Tagen darauf streitet der Globe für die Freiheitsstatue, ein Geschenk der Franzosen, und dann zieht er in den Kampf gegen Charity Hackett, die ihrerseits längst einen Feldzug gegen den neuen Konkurrenten in Gang gesetzt hat. Fuller hatte „Park Row“ komplett aus eigener Tasche finanziert. Die Kulissen sind karg, die Schauplätze eng begrenzt, die Darsteller wenig bekannt, allerdings toll.

Insbesondere Mary Welch als hochattraktive, dämonische Chefredakteurin ist auch für Phineas Mitchell unwiderstehlich – die beiden küssen sich, bekriegen sich bis aufs Messer und begehren einander schlussendlich doch. Welch hat noch in ein paar wenigen Fernsehrollen gespielt und ist dann mit Mitte dreißig gestorben – schon ihretwegen lohnt sich der Film, der beim Publikum kein Erfolg war und Fuller in schwere finanzielle Bedrängnis gebracht hat.

Aber auch sonst ist „Park Row“ ein großes Vergnügen, ein Reißer, der das Herz auf dem rechten Fleck hat, der sich ins Getümmel stürzt, der vor der Kolportage – ist eben Fuller – nicht zurückschreckt. Die Erfindung des Linotype-Drucks durch Ottmar Mergenthaler wird noch schnell in die Geschichte hineingebuttert. Insgesamt aber ist der Film so bedingungslos verliebt ins hektische Tagesgeschäft des good old newspaper business, dass man es einfach mitlieben muss.

Sam Fuller ist heute mit Filmen wie „Shock Corridor“ oder „White Dog“ als Klassiker anerkannt, der mit groben und grellen Mitteln meisterlich malt. „Park Row“ zählt nicht zum Kern des Kanons, ist aber für sich schon eine Entdeckung. Es kommt dazu, dass ihn erst recht lieben muss, wessen Herz in Zeiten des womöglich nahenden Endes an der Zeitung hängt: Hier lebt das alte Holzmedium noch.

Park Row (USA 1952, Regie: Sam Fuller); Der Film ist bei Masters of Cinema erschienen und über oder für rund 17 Euro zu beziehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!