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MusikförderungBerliner Senat poppt auf

Der Senat will mit dem "Musicboard" die Popszene als Wirtschaftsfaktor stärken. Katja Lucker, die Musikbeauftragte, leitet es.

Wenn Berlin rockt, brummt auch die Wirtschaft. So einfach ist das. Bild: dpa

Da in letzter Zeit vieles schiefgeht in Berlin und so manches Projekt nicht fertig werden will, soll heute einmal eine Erfolgsmeldung verkündet werden: Am Mittwoch hat das Musicboard Berlin seine Arbeit aufgenommen. Die Institution, von SPD und CDU vor gut einem Jahr im Koalitionsvertrag entworfen, hat zwar bislang weder Büros noch Personal, ihre Ziele sind umstritten und ihr Zweck nicht abschließend geklärt. Aber eins steht schon mal fest: wer das Musicboard leitet.

Katja Lucker heißt die Glückliche, die sich nun „Beauftragte des Senats für Pop- und Rockmusik“ nennen darf. Die Kulturmanagerin, die sich vor allem als Programmverantwortliche der Kulturbrauerei und des Karnevals der Kulturen profiliert hat, wurde Mitte Dezember von der Senatskanzlei bestallt und vorgestellt. Dabei betonte Lucker, die auch schon das Hoffest des Regierenden Bürgermeisters organisiert hat, ihren Abstand zum künftigen Dienstherrn: „Ich bin nicht Politik, ich bin Pop.“

Konzept oder Wunschliste?

Kunst, Kiez und Karriere

Das sind laut Berliner Senatskanzlei die ersten konkreten Fördervorhaben, denen sich das Musicboard widmen soll:

1. "Pop in Berlin"- eine Standortanalyse zu Fördermöglichkeiten und Angebote zur Professionalisierung für PopmusikerInnen und Musikunternehmen

2. "Popmusik im Kiez" - eine Kampagne und andere Maßnahmen für ein "positives Nebeneinander" von Live-Clubs und deren Nachbarschaft

3. "Karrieresprungbrett Berlin" - die Konzeptionierung und Umsetzung sogenannter Karrieresprungbretter, die Berliner NachwuchsmusikerInnen dabei unterstützen, von der lokalen in die nationale oder internationale Musikszene aufzusteigen

Ihre Vorgaben kommen allerdings definitiv aus der Politik. Das Musicboard wird mit einer Million Euro ausgestattet und soll – so die zentralen Punkte des Konzepts der Senatskanzlei – „Anlaufstelle für die Berliner Musikszene“ werden, „die Berliner Infrastruktur verbessern“ und schließlich „die Vermarktung Berlins als internationalen Musikstandort stärken“. Das dreiseitige Konzept liest sich bisweilen wie eine Wunschliste, ist aber ein Destillat dreier sogenannter „Dialoge“ von Verbänden, Musikern, Labels, Clubbetreibern und weiteren Akteuren der Musikszene, zu denen die Senatskanzlei im vergangenen Jahr eingeladen hatte. Moderiert wurden die Anhörungen von: Katja Lucker.

Schon dabei bewies die 43-Jährige, die Schauspiel studiert hat und Schlagzeug spielen kann, ihr Geschick, die Protagonisten der lebendigen Berliner Popkultur, die nicht nur unterschiedliche Interessen haben, sondern sich zum Teil spinnefeind sind, an einen Tisch zu bringen. Dieses Talent zur Moderation wird Lucker in ihrem neuen Job gut gebrauchen können. Denn der dürfte – angesichts der überschaubaren finanziellen Ausstattung des Musicboards bei gleichzeitig überbordenden Erwartungen – vor allem darin bestehen, bereits vorhandene Förderstrukturen aufzuzeigen und bestehende Netzwerke zu verknüpfen.

Ein Drittel der Million, die ihr zur Verfügung steht, wird, so schätzt Lucker, im ersten Jahr für Startkosten, Personal und Miete für Räume verwendet werden, die nicht im Roten Rathaus liegen sollen. Der Rest soll in die Förderung fließen. „Nicht wirklich viel Geld“, gibt die Musicboard-Chefin zu, „aber man kann so eine Million ja auch vermehren.“ Bei ihrer Vorstellung rechnete Björn Böhning, als Leiter der Senatskanzlei Luckers direkter Vorgesetzter, schon mal vor, dass die Popmusik in Berlin bislang schon mit bis zu sieben Millionen Euro aus verschiedenen Töpfen unterstützt wird: von Nachwuchsprogrammen über Zuschüsse für Übungsräume bis zur Finanzierung der Music Week.

„Wir wollen auf keinen Fall bereits bestehende Strukturen verdoppeln“, verspricht Lucker – und dass das Musicboard mit Beratungen Licht ins Förderdickicht bringen werde. Die Bereitschaft, öffentliche Gelder in Anspruch zu nehmen, wachse in einer Szene, die zwar traditionell auf ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit stolz ist, aber auch gebeutelt von der Absatzkrise der Musikindustrie: „Immer mehr Musiker finden es gar nicht mehr unsexy, gefördert zu werden – genauso wie ihre Kumpels, die Filme machen.“

Noch größere Aufgaben dürften auf Katja Lucker zukommen, wenn es um den Erhalt der einmaligen popkulturellen Infrastruktur der Stadt geht. Dass mit dem Musicboard nun manches leichter wird, hofft jedenfalls Lutz Leichsenring. Der Pressesprecher der Clubcommission Berlin lobt die Neue als „extrem gute Netzwerkerin, die in fast jedem Gremium sitzt, aber auch einen kommerziellen und künstlerischen Hintergrund hat“. Dabei betrachtet er die Einrichtung des Musicboards in erster Linie als „Signal in die Verwaltung hinein“ und erwartet von der Beauftragten, dass sie Probleme lösen hilft, bevor sie sich zur existenzbedrohenden Krise auswachsen können: „Wir brauchen eine frühe Vermittlung zwischen Veranstaltern und Betreibern, Anwohnern und Bürokratie – schon bevor Anwälte und Gerichte ins Spiel kommen. Der einzelne Club kann das gar nicht leisten, aber vielleicht das Musicboard.“

Noch bevor Lucker ihre Arbeit richtig aufgenommen hat, stehen aber auch schon die Kritiker bereit. Die Aufgaben der Musikbeauftragten sind für die bündnisgrüne Abgeordnete Katrin Schmidberger nicht konkret genug formuliert. „Immer mehr Freiräume verschwinden“, sagt sie, „aber das sogenannte Konzept für das Musicboard ist viel zu oberflächlich.“ Ihre Fraktion fordert in einem Antrag „effiziente Strukturen für das Musicboard von Anfang an“ und eine „Standortpolitik, die Berlin langfristig stärkt“. Schmidberger fürchtet, das neue Organ könne ein „zahnloser Tiger“ werden, der schlussendlich vor allem das sexy Image von Berlin verbessern soll, an den Arbeits- und Standortbedingungen von Musikern, Clubs oder Labels aber nichts substanziell zu ändern vermag.

Der Club bleibt Kultur

Den Kritikern entgegnet Lucker, dass die Stadt schon auf einem guten Weg ist. Zusammen mit Senatskanzleichef Böhning zählte sie im Dezember auf, was in der jüngsten Zeit bereits gelungen ist: Der Schokoladen darf nach langem Kampf und zäher Vermittlung die Räume in der Ackerstraße behalten, auch für das Yaam wurde ein neuer Ort gefunden. Böhning stellte auch in Aussicht, dass Clubs weiterhin als Kulturinstitutionen eingestuft werden und nicht – wie befürchtet – als Vergnügungsstätten den vollen Mehrwertsteuersatz zahlen müssen.

Wobei zuletzt bekanntlich einige Pläne Berliner Politiker nicht aufgegangen sind.

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4 Kommentare

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  • H
    Haha

    Mein Gott wie konnten nur Elvis, Jenis Joplin, Jimi Hendrix, The doors und all die anderen nur entstehen? Warum ist die subventionierte Kunst aller Art zu 99% scheiße? Fragen über Fragen.

  • TL
    Tim Leuther

    Geförderte Kunst ist nicht nur Scheiße sondern verkauft sich genauso.

     

    Staatskunst ist weder originell noch ein verkaufsschlager.

     

    Subventionen haben sich quasi noch nie ausgezahlt.

  • W
    Wurst

    noch dämlicher wirds nimmer in dieser Stadt. Ein " Musicboard" ohne Musiker und mit einer erbärmlichen finanziellen Ausstattung.und inhaltlichen Ausrichtung ( na WOWI, wieviel Geld geht tatsächlich in irgendwelche Förderung, und wieviel bleibt verwaltungstechnisch hängen, 70 -80 % eigensoßegepudere ?....) , nichts anderes ist eine eine weitere wowereitsche Alibi Institution und Getreuen Versorgungsanstalt. Eine mehr in dieser Stadt. Der Typ muss weg.

  • H
    Hans

    Juhu, endlich staatlicher Musik-Faschismus ^_^

     

    "Wir fördern, was du hören sollst!"

     

    Rock und Pop, Rock und Pop haben immer Recht, und Genossen es bleibe dabei, denn wer kämpft für Musik der hat immer Recht, gegen Folk, Jazz und Klassikerei...

     

    Aber mal ernsthaft, was soll denn das. Sollen die sich lieber um die Gema-Gebührenneuordnung kümmern als mit Almosen gezielt eine Musikrichtung zu fördern. Hat man nur einen Arbeitsplatz für Frau Lucker versucht zu kreieren?

     

    Es ist übrigens auch keine Förderung von Rockmusik, wenn die Autos über die kaputte Straße humpeln.