„Wir sollten uns einmischen“

TAGUNG Sozialarbeiter diskutieren über eine „Re-Politisierung“ ihrer Zunft und wollen „aufmucken“

■ 50, Professor für Sozialpädagogik an der Hochschule Darmstadt und Vorsitzender des Bremer Instituts für Soziale Arbeit.

taz: Herr Bettinger, wenn Sie sich in Bremen umschauen: Welche sozialen Projekte sind Ihnen zu unpolitisch?

Frank Bettinger: Es wird schwer sein, Projekte zu finden, die so sind, wie ich es mir vorstellen würde. Soziale Arbeit ist im Allgemeinen zu unpolitisch.

Was stellen Sie sich denn vor?

Dass man wesentliche Entscheidungen, insbesondere im Kontext kommunaler Sozialpolitik, nicht den Entscheidungsträgern aus Politik und Verwaltung überlässt.

die aber das Geld geben.

Richtig. Aber die Expertinnen und Experten für die fachliche Ausgestaltung der Sozialen Arbeit und die Adressaten, die Bürgerinnen und Bürger, sollten eingebunden werden. Wir sollten uns einmischen, wo es welches Personal braucht, um den Bedürfnissen der Menschen gerecht zu werden.

Passiert das in Bremen nicht?

Nur im Kitabereich, wo es einen Rechtsanspruch auf Betreuung gibt. Bei der Kinder- und Jugendhilfe fehlt der Planungsprozess, mit dem die Bedarfe überprüft werden, komplett. Hier zieht sich der Entscheidungsträger darauf zurück, dass es nur ein bestimmtes Budget gibt, die Notwendigkeiten interessieren nicht – politisch und fachlich ein Skandal.

Also muss das Budget erhöht werden?

Es geht nicht nur ums Geld.

Um was dann?

Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sollten mitreflektiert werden: Wie kommt es, dass vielen Menschen der Zugang zu Ressourcen vorenthalten wird, durch Armut und Arbeitslosigkeit. Diese Voraussetzung der Sozialen Arbeit nicht in den Blick zu nehmen, hat mit einer Entpolitisierung zu tun.  INTERVIEW: JPB

10–17 Uhr, Uni Bremen,

Hörsaal-Gebäude GW 1