Rauchzeichen nach Tokio

TABAK Die Initiative „Rauchfrei“ verklagt den Konzern Japan Tobacco – wegen Werbung an der TU Berlin

Die Initiative sieht in der Werbung einen Verstoß gegen das Tabakgesetz

Sie trägt Lederjacke und Hut, das Haar ist lang und blond, der Blick träumerisch in die Ferne gerichtet. Das Model auf dem Werbeplakat für die Zigarettenmarke Benson & Hedges, das den BesucherInnen der TU-Mensa entgegenblickt, ist hübsch und wirkt zunächst recht harmlos – ist es aber offenbar nicht für jeden. Am Montag erstattete die Nichtraucher-Initiative „Forum Rauchfrei“ beim Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf Anzeige gegen den Tabakkonzern Japan Tobacco International, der hinter dem Werbeplakat steht. Die Initiative sieht in der Werbung einen Verstoß gegen Paragraf 22 des Vorläufigen Tabakgesetzes. Dort werden werbende Darstellungen verboten, die „ihrer Art nach besonders dazu geeignet sind, Jugendliche und Heranwachsende zum Rauchen zu veranlassen“.

„Das Model auf dem Plakat wirkt deutlich jünger als die gesetzlich vorgeschrieben 30 Jahre“, begründet Johannes Spatz von „Forum Rauchfrei“ die Anzeige. „Außerdem verstößt die Werbung gegen die Selbstverpflichtung der Tabakindustrie, nicht auf dem Unicampus zu werben, weil hier im besonderen Maße Heranwachsende angesprochen werden.“ Zigarettenwerbung in der Uni habe bisher als Tabu gegolten – mittlerweile suche sich die Tabakindustrie aber „immer hemmungsloser ihre Kundschaft unter jungen Menschen“, so Spatz.

Heike Maria Lau von Japan Tobacco International weist die Vorwürfe zurück: „Die Frau auf dem Foto ist 33 Jahre alt und offensichtlich eine erwachsene Persönlichkeit. Und die Werbung in Universitäten ist im Gegensatz zu Werbung in Schulen nach der freiwilligen Selbstverpflichtung sehr wohl erlaubt.“ 2009 nämlich wurden aus der freiwilligen Selbstverpflichtung die Universitäten herausgestrichen, auch wenn Zigarettenwerbung hier weiterhin unüblich ist. Für Spatz ist die Streichung ein Beweis dafür, dass die Tabakindustrie zunehmend junge Kundschaft ansprechen will.

Obwohl sich der Konzern nach Auffassung von Lau nichts zu Schulden hat kommen lassen, hängt das Plakat nun trotzdem nicht mehr: Laut Spatz haben es Mitarbeiter des Studentenwerks auf seine Initiative hin abgehängt. Dort will man allerdings von der ganzen Sache nichts wissen. „Werbung für Tabakprodukte ist bei uns verboten“, so Hans Joachim Gabriel vom Studentenwerk. „Wenn dort so ein Plakat hing, war das illegal.“

So oder so – der Kampf für Spatz und seine MitstreiterInnen geht weiter: Beim Blick auf den TU-Campus haben sie festgestellt, dass ein Kiosk ganz in der Nähe der Mensa nicht nur Zigaretten verkauft, sondern auch für sie wirbt – und zwar ausgerechnet für die umstrittenen Slim-Zigaretten, die die EU-Kommission verbieten lassen möchte. „Wir werden nun prüfen, wie wir gegen diesen Kiosk vorgehen können“, so Spatz.

Es ist nicht die erste Auseinandersetzung zwischen „Forum Rauchfrei“ und Japan Tobacco, dem drittgrößten Tabakkonzern der Welt mit Sitz in Tokio: Vor drei Jahren hatte die Initiative ebenfalls Anzeige erstattet, weil die Models auf den Plakaten des Konzerns zu jung wirkten. Das zuständige Bezirksamt Zehlendorf-Steglitz veranlasste damals, dass die Plakate abgenommen wurden. Im Jahr 2003 erreichte das Bezirksamt sogar, dass der Konzern freiwillig bundesweit Plakate mit jugendlich wirkenden Models abnehmen ließ. Das Amt hatte den Verstoß der Verbraucherzentrale gemeldet. Leiter der zuständige Dienststelle in Steglitz-Zehlendorf war damals Johannes Spatz. MALENE GÜRGEN