AMERICAN PIE
: Fliegenfischers Liebe

MARCH MADNESS Noch nie wurde an der Uni Gonzaga so gut Basketball gespielt. Das liegt auch an einem Deutschen

Mark Few ist leidenschaftlicher Angler. Das weiß in diesen Tagen beinahe jeder, der sich in den USA für Basketball interessiert. In der New York Times stand, dass er schon mal einen 52 Pfund schweren Lachs gefangen haben soll. Ein Sportfischer ist Few indes nicht, auch wenn er wohl gern über das Fliegenfischen an den Seen des Nordwestens reden soll. Er ist der Trainer des Basketball-Teams der Gonzaga Bulldogs, eines Uniteams aus dem Bundesstaat Washington, dem in der laufenden Saison der ganz große Wurf zugetraut wird. In gut einer Woche beginnen die Finalturniere um die US-College-Meisterschaft und die Bulldogs, das Team der katholischen Uni von Spokane, stehen zum ersten Mal an der Spitze der nationalen Rangliste, bevor der irre März des US-Sports beginnt, die March Madness.

Seit 1998 trainiert Few in Spokane und hat aus einem biederen Basketballstandort einen regelmäßigen Teilnehmer an der March Madness gemacht. Die Saison in der eher kleinen und bisweilen belächelten West Coast Conference (WCC) haben die Bulldogs unter ihm zwölfmal gewonnen. Zehnmal konnten sie das Finalturnier ihrer Liga gewonnen. Trainer Few wird regelmäßig zum besten Coach der West Coast Conference gewählt, und längst könnte er eine der namhaften Unis trainieren. Oft wird er gefragt, warum er sein kleines Idyll nicht verlassen will. Er antwortet dann mit einer Gegenfrage: „Warum sollte ich gehen?“ Und dann erzählt er von seiner Familie, den schönen Seen und dem Fliegenfischen.

Den jüngsten Titel hat sein Team am Montag gewonnen. Das Finale in der WCC dominierten die „Zags“ und gewannen gegen das Team von Saint Mary’s deutlich mit 65:51. Coach Few war äußerst angetan von der Leistung seiner Jungs: „Das war ein vollkommenes Spiel. Ja, wir haben echt ein vollkommenes Spiel abgeliefert.“ Die Berichterstatter schwärmten von der athletischen und konzentrierten Leistung seiner Spieler, von denen sich keiner zu schade für die Verteidigungsarbeit gewesen sei. Die Fans auf den Rängen in Las Vegas schwelgten in Jubelgesängen und sangen immer wieder: „Nummer eins! Nummer eins!“ Es war ein Tag, an dem jedem Beobachter klar werden mussten: Gonzaga steht völlig zu Recht an der Spitze des Rankings.

Wie schon die ganze Saison über wurde einem besonders gehuldigt: Kelly Olynyk. Der langhaarige Kanadier steuerte 21 Punkte und zwölf Rebounds zum Sieg bei. Und doch war es ein anderer, der das größere Lob vom Trainer erhielt. „Viele von Kellys Punkten sind von Elias herausgebaggert worden“, meinte Few nach dem Spiel. Sein Lob galt Elias Harris, dem Deutschen, der nun schon das vierte Jahr in Spokane spielt und den man da vermissen wird nach dieser Saison. Die Uni-Zeit des 2,03 Meter großen Forwards ist vorbei, und natürlich schielt der junge Mann (23 Jahre) auf eine Karriere in der NBA. Die Scouts werden seine Leistung im WCC-Finale zu würdigen wissen (19 Punkte, 3 Assists). Dass er zum wertvollsten Spieler der Veranstaltung gewählt worden ist, wird Harris weiterer Karriere ebenfalls kaum schaden.

Doch egal, wohin Harris’ Weg gehen wird, in Spokane wird man ihn nicht vergessen. Da hatte man schon nach seiner ersten beeindruckenden Saison, in der er im Schnitt sagenhafte 15 Punkte erzielt hat, Angst, er würde ganz schnell zu den Profis abgeworben. Auch weil er eine Verletzung in Ruhe auskurieren wollte, ist er geblieben und durfte sich in aller Ruhe zu einem kompletten Spieler entwickeln. In seiner Freshman-Saison staunte halb Amerika über die Athletik des jungen Deutschen im Angriff, heute wird auch seine Arbeit in der Verteidigung geschätzt, seine Aggressivität gelobt und wenn er zu einem seiner gefürchteten Blocks abhebt, dann setzt auch das Staunen von einst wieder ein. Die treuen Fans, die sich über die Jahre über mehr als 1.800 Punkte und beinahe 1.000 Rebounds von Harris freuen konnten, wissen, was sie an dem bulligen Flügelspieler hatten. In etlichen Postings auf der Website der Bulldogs heißt es schon jetzt: „Wir werden dich vermissen, Elias!“ ANDREAS RÜTTENAUER