Saubere Sache

Borussia Mönchengladbach trennt sich 0:1 vom 1. FC Nürnberg – und von einem Missverständnis

BÖKELBERG taz ■ Horst Köppel hat eine schwere Woche hinter sich. Zum einen waren da die „unguten Gefühle“ vor dem Wochenendbesuch „vom 1. FC Nürnberg, von Hans Meyer“, die dem netten Übungsleiter der Mönchengladbacher Borussia auf den Magen schlugen. Dann gab sein berühmter Ersatzbankdrücker Giovane Elber anlässlich seiner viel diskutierten Fitness mal wieder ein Interview, in dem er einige unschöne Dinge über seinen Trainer sagte und Köppel unter anderem der Lügnerei bezichtigte. Und zu unguter Letzt klauten ihm die Tabellenkellerkinder aus Nürnberg mit dem einstigen Gladbach-Coach Meyer beim 1:0 im Borussia-Park wie befürchtet tatsächlich alle drei Punkte.

Diese Woche dürfte für den 57-jährigen Köppel deutlich angenehmer verlaufen. Allein schon, weil Giovane Elber als Angehöriger von Borussia keine Interviews mehr geben wird. Samstagmittag, 90 Minuten vor Anpfiff des Nürnberg-Spiels, beendeten Verein und Spieler nach zehn Monaten ihre fruchtlose Zusammenarbeit und lösten Elbers Vertrag vorzeitig auf. „In bestem Einvernehmen“, wie Borussias Sportdirektor Peter Pander behauptete und deshalb von einer „ganz sauberen Sache“ sprach. In finanzieller Hinsicht beinhaltet die ganz saubere Sache offiziell folgende Abmachung: Elber bekommt sein Gehalt bis zum Jahresende weiterbezahlt – abzüglich der 10.000 Euro Bußgeld für veröffentlichte Sätze wie: „Der Trainer soll die Wahrheit sagen“, oder: „Sein Problem ist, dass er auf dem Platz nicht sieht, was passiert.“

Was mit dem erfolgreichsten ausländischen Torschützen in der Bundesligageschichte nun passiert, wird sich zeigen. Klar ist nur, dass die Verantwortlichen in Mönchengladbach nach Elbers Abschied ganz viele Kreuzzeichen machen werden. Als Panders Vorgänger Christian Hochstätter und der damalige Trainer Dick Advocaat den Brasilianer Ende Januar vom französischen Meister Olympique Lyon an den Niederrhein lotsten, kauften sie mit ihm auch einen noch nicht auskurierten Schien- und Wadenbeinbruch aus dem August 2004 ein. Bei seiner Vorstellung erklärte Elber, „in zwei Wochen“ ins Training einsteigen zu wollen. Es wurden sehr lange zwei Wochen – bis Gladbach dem Stürmer im Herbst schließlich ein Ultimatum von sechs Wochen zur Erlangung seiner Fitness stellte.

Zu mehr als 50 Bundesligaminuten bei vier Kurzeinsätzen in dieser Saison reichte es nach Ansicht von Trainer Köppel aber nicht. Darüber war Elber („Ich bin fit“) offensichtlich enttäuscht. Ein dickes monetäres Trostpflaster seitens der Borussia soll es laut Sportchef Pander auch nicht gegeben haben: „Wer meint, dass Elber sich seinen Abschied hat vergolden lassen, dem sei gesagt: Für ihn war das hier eine schlechte Veranstaltung.“

Ebenso wie für Borussia Mönchengladbach. Ein knappes Jahr lang haben sie ein stattliches Gehalt an einen Mann berappt, der ihnen sportlich nicht weitergeholfen und darüber hinaus reichlich Ärger gemacht hat. Im Verein wollten sie das bis zuletzt nicht wahrhaben, ließen Elber im aktuellen Stadionheft noch einmal sagen: „Ich bin sicher, meine Zeit bei Borussia kommt noch.“ Kaum war der Satz gedruckt, erläuterte der 33-Jährige in Bild allerdings seine Ansichten über Horst Köppel. „Diese Äußerungen konnten wir nicht tolerieren“, betonte Pander.

Parallel zu entsprechenden beschäftigungspolitischen Plänen der neuen Bundesregierung haben sich die Gladbacher nun also von ihrer Ich-AG Giovane Elber getrennt. Gleichzeitig mussten die bisherigen Überflieger der Saison bei ihrer verdienten Niederlage gegen die Defensivkünstler aus Nürnberg aber erstaunt feststellen, dass Hans Meyer („Mit welchen Mitteln wir zum Erfolg kommen, interessiert mich im Moment einen Scheißdreck“) bei seinem neuen Job genau den entgegengesetzten Weg eingeschlagen hat.

Fürchterlich viel erzählen die Nürnberger ja nicht über Hans Meyers Worte und Taten. Kapitän Mario Cantaluppi verrät auch, warum. „Der Trainer hat es nicht so gern, dass wir über ihn, die Mannschaft oder gar das Präsidium sprechen“, erklärte der Mann, der Marek Nikls Siegtor im Borussia-Park (62.) mit einem strammen Freistoß gegen den Pfosten eingeleitet hatte. Vielmehr soll im beschaulichen Frankenland ganz eindeutig das Ego gefördert werden. „Bei uns“, beschreibt Cantaluppi Meyers didaktische Vorgabe, „wird nur noch in der Ichform geredet.“ Keine Frage: Der 1. FC Nürnberg wäre eine gute Adresse für Giovane Elber. ANDREAS MORBACH

Gladbach: Keller - Bögelund, Ze Antonio, Strasser, Daems - El Fakiri (67. Sverkos), Thijs (67. Broich), Polanski (83. Kastrati), Kluge - Neuville, KahéNürnberg: Schäfer - Wolf, Nikl, Cantaluppi - Polak (78. Wagefeld), Mnari, Banovic (70. Paulus), Pinola - Kießling (87. Bosacki) - Saenko, Schroth;Zusch.: 38.343; Tor: 0:1 Nickel (62.); Rote Karte: Bosacki (90.)