Garstiges Politiker-Risiko

betr.: „Immer feste drauf!“ von Joachim Lottmann, taz zwei vom 26. 11. 05

Wer sich ein wenig auskennt auf dem Globus, der weiß, dass Politiker nirgends besonders beliebt sind. Befragt man die Leute genauer, so bemerkt man nicht selten, dass sie zu differenzieren wissen – es gibt trotz aller rasch abrufbaren Pauschalurteile eben doch Politiker, denen etwas zugetraut wird.

Dass das Ansehen von Politikern speziell in Deutschland schlecht ist, hat vermutlich mit historischer Kontinuität, Zerstörung der Weimarer Republik, Presseverschwörungen etc. weniger zu tun, als Ihr Autor glauben machen will. Vielmehr scheint es erstens mit der Frage zusammenzuhängen, was für Personen hier mehrheitlich auf welche Weise Politiker werden (irgendein Lallfach studieren, bei dem man möglichst wenig Nachprüfbares können und wissen muss, dann ab in den öffentlichen Dienst bzw. in dessen Vollkasko-Dunstkreis, danach alsbald ein Landtags- oder Bundestagsmandat erobern, indem man die parteiinterne Konkurrenz niederquasselt, und sodann drauflos politikastern bis zur selbst bewilligten Luxus-Altersversorgung); und zweitens ist es dem gut belegbaren Eindruck geschuldet, dass in diesem Land schwerwiegende Probleme aus schierem Opportunismus jahrzehntelang verschleppt worden sind.

Immer wieder mal gibt es ein paar besonders Schlaue, die das garstige Politiker-Risiko einer Nichtwiederwahl beklagen – und das in einem Land, in dem der Parteienforscher von Arnim vor der Bundestagswahl 2002 herausfand, dass die Aufteilung von knapp 76 Prozent der Mandate schon Wochen vor dem Urnengang feststand: dank des deutschen Systems, das zum einen sichere Wahlkreise und zum anderen sichere Listenplätze vorsieht. Politiker, die dann noch von so originellen Tapferkeitsbolzen wie Lottmann gegen angeblich organisierte Hetzer in den Redaktionen verteidigt werden, mögen sich getrost ins Fäustchen lachen. WOLFGANG STEUHL, Landshut