HENNING BLEYL ÜBER WASSERARCHITEKTUR UND MÜLLER-MENCKENS
: Energie braucht Fassung

Die Bauverzögerungen beim Weserkraftwerk sind unter dem Aspekt der Bürgerbeteiligung ein Desaster. Ein Trostpflaster kann immerhin sein, dass nun nochmals über eine angemessene Architektur nachgedacht werden kann. Das wiederum lenkt den Blick auf Gerhard Müller-Menckens, den Entwerfer des in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen „Neuen Weserwehrs“.

Dies Beispiel zeigt: Bauwerke an der Schnittstelle zu großen Energien benötigen ihrerseits eine kraftvolle Formensprache. Müller-Menckens hat die Anforderung gelöst, in dem er das Wehr mit mächtigen Pfeilern aus Sichtbeton versah, die dem runden, gedrungenen Bug von Binnenschiffen nachempfunden sind. Auch das backsteinerne Betriebsgebäude am rechten Brückenkopf paart Trutz mit maritimem Schwung – welch Gegensatz zu den eher albern anmutenden Glas-Sonnenschirmchen, mit denen das künftige „Krafthaus“ bekrönt werden soll!

Insofern muss man froh sein, dass erhebliche Teile der Anlage unterirdisch geplant sind. Sollten sich deren Architekten nichtsdestoweniger konstruktive Anregungen holen wollen, werden sie beim Bremer Zentrum für Baukultur fündig. Dessen im Aschenbeck Verlag erschienene Monographie über Müller-Menckens („Continuo“) zeigt überzeugende Beispiele technischer Bauten von den Überlandwerken in der Steubenstraße bis zu den Kläranlagen von Seehausen und Farge – aber auch das äußerst umfangreiche sonstige Oeuvre des vor zwei Jahren gestorbenen Architekten. Keiner seiner Kollegen hat Bremen so geprägt wie er.