DER RECHTE RANDWarum sich die Szene auf „Kinderschänder“ einschießt
: Von zweierlei Missbrauch

Schleswig, Leck, Neumünster, Lübeck und Neustadt / Holstein: Überall dort, sagt Christa Limmer von der Aktion Kinder- und Jugendschutz Schleswig-Holstein, „konnten Rechtsextreme aufgebrachte Eltern und Anwohner bei Aktionen gegen Sexualstraftäter nutzen“ – oder vielmehr: „ausnutzen“. Seit Jahren trete die Szene – von der NPD über den „Ring Nationaler Frauen“ bis hin zu Autonomen Nationalisten – gegen sexuellen Missbrauch auf, um eigentlich doch für die Volksgemeinschaft zu werben, so Esther Lehnert, Expertin für Gender und Rechtsextremismus bei der Amadeo-Antonio-Stiftung.

Auf der Fachtagung zur rechtsextremen „Instrumentalisierung von Sexualstraftaten“ kamen gestern mehr als 150 Vertreter von Sozialarbeit, Jugendhilfe und Beratungsstellen in Neumünster zusammen. Schleswig-Holsteins Justizministerin Anke Spoorendonk (SSW) erzählte in ihrer Begrüßung, schon als junge Landtagsabgeordnete bei einer Veranstaltung zu „Kinderpornografie“ vom NPD-Politiker Ingo Stawitz provokant angesprochen worden zu sein.

Für David Begrich vom Verein Miteinander sind die bundesweit verstärkt wahrnehmbaren Aktionen gegen „Kinderschänder“ Teil einer rechten Strategie, „soziale Themen im lokalen Raum“ aufzugreifen, um an existierende Ressentiments anzuknüpfen. Aktiv würden dabei gerade auch Frauen, sagt Lehnert – „unter dem Deckmantel der vermeintlichen Fürsorge“.

Ziel der Tagung, sagt Christa Limmer von der Aktion Kinder- und Jugendschutz, seien „eine Versachlichung des Themas und sachgerechte Information“ gewesen. So stellte etwa Klaus Peter David (Pro Familia) die therapeutische Arbeit mit Sexualstraftätern vor. Zur Versachlichung trüge es Limmer zufolge auch bei, würden die Medien in der Berichterstattung nicht immer wieder den rechtsextrem geprägten Begriff „Kinderschänder“ nutzen.

Hinweis: ANDREAS SPEIT arbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland