Südwest-Grüne sagen niemals nie

Bei ihrem Parteitag beschließen Baden-Württembergs Grüne, ohne Koalitionsaussage zur Landtagswahl 2006 anzutreten. Von Schwarz-Grün distanzieren sie sich, so heftig es geht. Ein Antrag, so eine Option auszuschließen, wird aber abgelehnt

AUS BACKNANG HEIDE PLATEN

Baden-Württembergs Grüne haben auf einem Landesparteitag eine Koalitionsaussage vermieden. Mit Blick auf die Landtagswahl am 26. März war die Partei bemüht, sich von einer schwarz-grünen Option zu distanzieren. Allerdings wurde ein Antrag der Grünen Jugend abgelehnt, nach dem eine Koalition mit der CDU von vornherein ausgeschlossen werden soll.

Im Vorfeld des Parteitags in Backnang hatte der Antrag der Grünen Jugend für Ärger gesorgt. Sie forderten eine eindeutige, im Programm festgeschriebene Koalitionsabsage an die CDU von Ministerpräsident Günther Oettinger. Diese habe in zentralen Punkten gegensätzliche Vorstellungen, es mangele grundsätzlich an inhaltlicher Übereinstimmung. Der Antrag wurde abgelehnt.

Andreas Braun, als Landesvorsitzender gerade zum vierten Mal im Amt bestätigt, ruderte beim Thema Schwarz-Grün heftig zurück. Die Diskussion sei den Grünen, wetterte der Realpolitiker Braun, „von außen aufgedrückt“ worden. Er fühle sich in Zeitungsinterviews missverstanden. Dass er gesagt habe, nach 25 Jahren Opposition wäre eine Regierungsbeteiligung im Südwesten schon „schön“, sei nicht als Koalitionsangebot für die CDU gemeint gewesen. Außerdem seien Spekulationen sowieso „lächerlich“, weil Oettingers CDU das nicht wolle, außerdem „ökologisch und sozial blind“ sei und Grüne sich nicht als „Feigenblatt“ benutzten lassen dürften.

Dass die baden-württembergischen Grünen seit über 20 Jahren Vorreiter waren bei Überlegungen, mit der Union zusammenzugehen, sollte für diese Landtagswahl besser vergessen und nicht ausführlich diskutiert sein. Nach der Landtagswahl 1992 hatten CDU und Grüne Sondierungsgespräche über eine Regierungsbildung geführt.

Braun legte die Wahlkampfstrategie fest. Man wolle als „Premium-Opposition“ mit eigenem Profil antreten. Der Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Fritz Kuhn, sagte Oettinger, sei nur ein „Themenritter und Polittechnokrat“. Die CDU habe ein „eklatantes Modernisierungsdefizit“. Die neu gewählte Landesvorsitzende Petra Selg erteilte der Union ebenfalls eine Absage. In ihrer Antrittsrede sagte sie allerdings, sie sei nicht bereit, „irgendetwas auszuschließen“. Die 44 Jahre alte ehemalige Krankenschwester aus Friedrichshafen, die den Wiedereinzug in den Bundestag knapp verfehlt hatte, wurde von 79 Prozent der Delegierten gewählt. Die pragmatische Realpolitikerin löst die bisherige Vorsitzende Sylvia Kotting-Uhl ab, die in den Bundestag wechselte.

Selten waren sich Mandats- und FunktionsträgerInnen der Parteiflügel so einig. Auch der linke Bundestagsabgeordnete Winne Hermann war nicht erfreut über die Koalitionsausschluss-Anträge. Diese seien mangels Realitätssinn schlicht überflüssig. Schwarz-Grün sei „eine virtuelle Debatte“: „CDU und FDP müssten so schlecht und wir so gut sein, dass es auch für Rot-Grün schon wieder reichen würde.“ Ein Parteitagsbeschluss gegen die Zusammenarbeit mit der CDU aber bekomme einen falschen Zungenschlag, weil es auf Kreis- und Gemeindeebene durchaus Bündnisse gebe: „Wir brauchen kein Dementi.“

Die Delegierten verabschiedeten ihr Parteiprogramm für ein „lebenswertes, gerechtes, kluges, erfolgreiches und verantwortungsvolles Baden-Württemberg“ ohne Gegenstimme. Schwerpunkte sollen Ökologie und Bildungspolitik sein. Der erwartete, große Streit um die Einführung einer neunjährigen Basis- und Ganztagsschule blieb aus. Eine hauchdünne Mehrheit sprach sich dafür aus, dass Studiengebühren nach einem Bachelor- für das Master-Studium erhoben werden sollen, sofern die Hochschulabsolventen dann ein entsprechendes Einkommen haben.

Den Landtagsfraktionschef Winfried Kretschmann nominierten die rund 200 Delegierten als Spitzenkandidaten. Der ehemalige Gymnasiallehrer ist seit 1980 Abgeordneter.