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Stauung der EmsGrüner Minister sagt „basta“

Niedersachsens neuer Umweltminister Stefan Wenzel rührt nicht am Standort der Meyer Werft – dem Fluss, der ihre Schiffe aushalten muss, droht ein langsamer Tod.

Gut im Geschäft: Die "Norwegian Breakaway" aus Meyerscher Fertigung wird an die Nordsee gefahren. Bild: dpa

PAPENBURG taz | „Der Standort der Papenburger Meyer Werft wird akzeptiert“: Das antwortet Stefan Wenzel, neuer Umweltminister in Niedersachsen, auf eine schriftliche Anfrage der taz in Sachen Ems-Rettung. Womit der Grüne möglicherweise das Ende des vor sich hin sterbenden Flusses besiegelt.

Wenn es um die Werft geht, versteht in Niedersachsen niemand Spaß. Mit 2.000 Beschäftigten ist Meyer einer der größten Arbeitgeber in der Region und ein technologisches Vorzeigeunternehmen. Meyer Produkte – hochwertige, luxuriöse Kreuzfahrtschiffe – sind aber zu groß, um sie von Papenburg aus durch die schmale und flache Ems in die Nordsee zu bekommen. Jahrelang wurde der Fluss deshalb ausgebaut und mit einem Stauwerk gesperrt. Mehrfach habe der Schiffbauer Politik und Behörden die Pistole auf die Brust gesetzt und schlanke Begradigung, tiefere Ausbaggerung und längere Stauzeiten für die Überführung seiner immer größer werdenden Kreuzer gefordert: Das sagt eine Direktorin des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutzes (NLWKN). Der Landesbetrieb managt die untere Ems, die eigentlich eine Bundeswasserstraße ist.

Gegen die traditionell Meyerfreundliche Politik wandten sich lange Zeit ausschließlich die Grünen. Gerade vor der jüngsten Landtagswahl erst hatte Meta Janssen-Kucz, inzwischen stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Landtag, eine teilweise Verlagerung der Meyer Werft aus dem Binnenland ans tiefe Wasser ins Gespräch gebracht. Und nun, nach der so zufriedenstellend ausgegangenen Wahl, sagt ein grüner Umweltminister wenig mehr als – basta.

Aber Wenzel legt noch ein „Geheimnis“ drauf: Grundlage der Zusammenarbeit mit der SPD zur Sanierung der Ems sei der „Generationenvertrag“ zwischen den Umweltverbänden und Meyer, schreibt er. Das Problem: „Wir dürfen den Vertrag nur veröffentlichen, wenn die Meyer Werft zustimmt“, so Beatrice Claus von der Naturschutzorganisation WWF. Dieser ist, wie auch BUND und Nabu, Vertragspartner der Papenburger Werft. Und die will nichts veröffentlichen.

In den Verhandlungen um den Generationenvertrag sind spektakuläre Vorschläge zur Sanierung gemacht worden, der Bau eines Kanals von Papenburg nach Leer zum Beispiel. Der ist inzwischen „uppe“, wie man in Ostfriesland sagt: zu den Akten gelegt.

Abhandeln ließen sich die Umweltverbände auch die Zustimmung zur Verlängerung des Emsstaus um zwei Wochen, bis zum 30. März. Auch soll der Fluss gut einen Meter höher gestaut werden können. Fatal: So überschwemmte die Ems die dann schon brütenden Wiesen- und Wasservögel. Die Genehmigung des neuen Staus reift derzeit im NLWKN heran.

Die Umweltverbände sind in der Klemme: Sie haben den neuen Stauzeiten und -höhen zugestimmt. Im Gegenzug ausgehandelte Sanierungsmaßnahmen, zum Beispiel zur Verbesserung der Wasserqualität, sind nie durchgeführt worden. Schlimmer: Weder der NLWKN noch die Umweltverbände – und auch nicht der Grünen-Minister in Hannover – wissen, wie solche Maßnahmen aussehen könnten, wenn die Werft bleibt, wo sie ist.

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8 Kommentare

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  • F
    Fiete

    Ich kann "mal-nachdenken" ohne jede Einschränkung zustimmen. Genauso arbeiten die sogenannten "Umwelt"verbände.

    Ich habe es selbst aus nächster Nähe miterlebt wie man die Ems verkauft hat.

    Bei einer Infoveranstaltung im Rahmen der Spinnereien um den Emskanal wurden die hauptamtlichen Vertreter der Verbände in grund und Boden geredet und von ihren eigenen Mitgliedern ausgelacht und beschimpft. Beeindruckt hat sie das nicht sonderlich.

    Und der Vertreter der Landesregierung saß grinsend in der ersten Reihe, er hat schließlich nix von der Scheiße abgekriegt...

  • M
    mal-nachdenken

    Stefan Wenzel als Politiker zu bezeichnen, der irgendwie mit sog. "grünen" Interessen in Verbindung steht, ist mehr als gewagt. Stefan Wenzel vertritt die Interessen von Stefan Wenzel, udn deswegen wird sich seine Politik nicht von der seines Vorgängers Birkner unterscheiden. Sie wird vielleicht noch ein bißchen devoter vor den Wirtschaftsinteressen der SPD sein, udn erheblich arroganter gegenüber denen, die Umweltinteressen und Bürgerinitiativen vertreten. Denn eine bestimmte Sorte "grüner Politiker" entpuppt sich bei Nhkontakt zu einer Regierungs-SPD des öfteren als ein übles U-Boot, siehe Jürgen Trittin, der unter Gerhard Schröder zeigte, was in ihm steckt.

     

    Siehe Gorleben: Dort war Wenzels Empfang unterkühlt. Denn die Atomkraftgegner in Lüchow wissen ganz genau, daß sie von den Grünen keine Unterstützung zu erwarten haben - Rebekka Harms immer ausgenommen.

     

    Insofern wird auch Wenzels ehemaliger Adlatus - wohl in Verkennung der Tatsachen tituliert als "Bauernschreck" - einige mehr und mehr überraschen, wenn seine tatsächliche Politik mit seinen großspurigen Ankündigungen immer weniger übereinstimmt.

     

     

    Und NABU, BUND usw? Vertreter von Umweltinteressen? Da ich nicht lache! Deren Geschäftsmodell besteht in mafiöser Erpressungspoltik und ruht einzig auf der - politisch gewollten - Rechtslücke, da nur Verbände zur Verbandsklage berechtigt sind, nicht aber Bürger-Initiativen oder Einzelpersonen.

     

    Kurz gesagt: Immer wenn irgendwo eine umweltpolitische Schweinerei läuft, und BIs Sturm dagegen laufen, kommen diese Umweltverbände angedackelt, versprechen mächtigen Druck, Prozesse usw. und übernehmen die BIs handstreichartig.

    Dann leiern sie einen ein Erpressungs-Prozeß an, in Form eines gerichtlichen Verfahrens, iwobei die Umwelt-Mafiosi gegen Firmen signalisieren, daß sie die Sache endlos vor Gericht boykottieren werden, wenn die Firmen nicht ordentlich zahlen.

     

    Entsprechend ist das Ganze nüchtern betrachtet nur

    ein Gefeilsche zwischen dem Unternehmen und dem mafiösen Umweltverband, der eine Schutzgeld-Zahlung erpressen will, und dabei der Firma Schutz verspricht gegen die BIs: Denn die sind verfahrenstechnisch erledigt, sobald sich NABU, Bund und wie sie alle heißen mit dem entsprechenden Unternehmen auf eine Summe geeinigt haben, welche dann der Umweltverband einsackt.

     

    Insofern:

    a) wenn wundert es, daß sich Stefan Wenzel auf die Seite der Meyer-Werft schlägt? Da ist das Geld, und möglicherweise sein zukünftiger Posten als Aufsichtsrat, umweltpolitischer Berater o.ä., sobald die politische Karriere beendet ist.

    b) Warum sollten Umweltverbände, deren Geshcäftsmodell auf Erpressung und Absprache mit den Mächtigen besteht (siehe der WWF, der großflächig an der Abhlzung Malaysias beteiligt ist) und der dem geistig beschränkten deutschen Gutmenschen die Spendengelder aus der Tasche leiert, seine Geschäftsverträge mit den Umweltvernichtern offenlegen?

  • F
    Fragezeichen

    Wenn das Argument zur Erhaltung von Arbeitsplätzen unantastbar ist, werden wir noch unser blaues Wunder erleben. Mit diesem Totschlagsargument lassen sich demnach die unsinnigsten Vorhaben verwirklichen. Das kann doch nicht ernst gemeint sein, oder? Jeder kleine Handwerksbetrieb hat eine Vielzahl von Umweltauflagen, die das Geschäftsmodell bedrohen könnten, einzuhalten. Ab einer bestimmten Größenordnung macht nun auch ein grüner Umweltminister den "Umfaller".

  • PB
    Peter Batic

    Das Argument "Arbeitsplätze" ist ein uralter Hut und schützt nur vor Veränderungen. Die EMs ist einfacj zu klein. Die Werft wäre tatsächlich besser an der Küste in Nähe einer Tiefwasserrinne aufgehoben. Ein Umzug würde der Region nicht schaden - vielleicht sogar nützen. Die Kosten allein für das Ausbaggern der Fahrrinne, das Aufstauen und das Emssperrwerk hätten eine Zugpendelverkehr von Papenburg zum Beispiel nach Emden auf Jahrhunderte finanziert. EIn Gewinn für alle in der Region. So beherrscht eine Werft eine ganze Region und knechtet selbst grüne Umweltminister und die mundlosen Bewohner der Region.

  • P
    Pazuzu

    Aber die Zeiten, in denen man unsinnig die Natur zerstört, nur damit ein paar Leute Arbeit haben, sollten eigentlich vorbei sein. Normalerweise werden Flüße mittlerweile renaturiert, nur bei der Ems steht man irgendwo am Anfang des 20. Jahrhunderts und will sie schön zerstören.

    Eine Verlegung näher an die Nordseeküste geht arbeitstechnisch eigentlich klar, da gibts schließlich ne Bahnverbindung.

     

    @Oliver42: Nein, das ist nicht erbärmlich für die taz; das krankhafte kapitalistische Denken ist erbärmlich, für Sie und auch für die Grünen in Niedersachsen in dieser Sache.

  • W
    Wattenrat.de

    Meyer baut Flusskreuzfahrtschiffe auf der Neptun-Werft in Rostock, am seeschifftiefen Wasser! Und Meyer baut die Schiffssektionen für die riesigen Kreuzfahrtschiffe ebenfalls in Rostock, die dann über die Ostsee, den Nord-Ostsee-Kanal,die Nordsee und die Ems nach Papenburg geschleppt werden, um hier zusammengebaut zu werden. Der fertige Musikdampfer wird dann wieder an die Nordsee geschleppt. Vom Steuerzahler werden die Emsbaggerungen und wurde das Ems-Stauwerk gebaut, alles für Herrn Meyer.Das ist Schilda. Und die Politik, auch die Grünen, sieht tatenlos zu und kriecht Herrn Meyer in den Achtersteven. Die ortsfernen sog. "Umweltverbände" WWF, BUND und NABU haben die Ems längst verdealt,unter Ausschluss der Öffentlichkeit und gegen einen "Ökofond", der aber nichts am desolaten Zustand des Flusse geändert hat.

  • Q
    quer-ulantin

    "Naturschutzorganisation WWF. Dieser ist, wie auch BUND und Nabu, Vertragspartner der Papenburger Werft."

     

    Vorsitzender des BUND in Niedersachsen ist Heiner Baumgarten - in Wilhelmsburg hat er auch BASTA gesagt und mehrere tausend natürlich gewachsener Bäume für Designpark IGs geopfert.

     

    DER wird nichts veröffentlichen wollen.

  • O
    Oliver42

    Arbeitsplätze dort oben sind hart zu erhalten und die ganze Region um Papenburg ist froh, dort die Meyer-Werft zu haben; das hat auch der grüne Umweltminister begriffen, nur die taz-Redaktion anscheinend nicht. Erbärmlich in diesem Fall für die taz.