DOMINIC JOHNSON ÜBER DIE GEFAHR EINES NEUEN KRIEGES IM SÜDSUDAN
: Kein zweites Darfur!

Als Sudans Regierung vor einigen Jahren in Darfur einen brutalen Krieg gegen die Zivilbevölkerung führte, der hunderttausende Tote und Millionen Vertriebene forderte, war die Welt entsetzt: Von Völkermord war die Rede, und gegen Sudans Präsident al-Bashir wurde vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag Haftbefehl erwirkt.

Heute herrscht im nominell autonomen Süden des Sudan ein Krieg, der ähnlich blutige Dimensionen anzunehmen droht. Doch die Weltgemeinschaft schaut weg. Dabei ist, anders als in Darfur, sogar eine UN-Blauhelmtruppe zugegen, die Autonomieregierung von internationaler Hilfe abhängig und Sudans Regierung aufgrund der drohenden Verhaftung ihres Präsidenten von internationalem Wohlwollen viel abhängiger als früher.

Diese Haltung der Weltgemeinschaft ist fahrlässig. Und das nicht nur, weil es um tausende Menschenleben in einem der ärmsten und unterentwickelsten Landstriche der Erde geht. Die Verhandlungen, die im Südsudan zum Friedensvertrag von 2005 führten, kamen nur unter intensivem ausländischem Druck zustande. Dabei war von Anfang an klar, dass der damals begonnene Friedensprozess nur mit intensiver, internationaler Begleitung und Überwachung erfolgreich in freie Wahlen im Sudan und in ein Unabhängigkeitsreferendum für den Süden münden würde.

Neuen kriegerischen Zuspitzungen im Südsudan muss jetzt Einhalt geboten werden – etwa indem das geltende Waffenembargo effektiv durchgesetzt wird. Sonst sind die ausländischen Rufe nach einem Frieden in Darfur oder einem Ende der Straflosigkeit im Sudan insgesamt nicht mehr glaubwürdig. Und kaum abzusehen ist, welche Schockwellen halb Afrika erschüttern würden, sollte der größte Flächenstaat des Kontinents im Streit auseinanderfallen.

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