Der Neubau muss wieder weg

URTEIL Oberverwaltungsgericht stärkt die Grünflächen und kippt eine Baugenehmigung am Kollwitzplatz

„Weil es eine Klage gegen den Bau gab, hat der Eigentümer auf eigenes Risiko gebaut“

JENS-HOLGER KIRCHNER, GRÜNE

Am Kollwitzplatz steht der Abriss eines Neubaus bevor. Nach jahrelangem Rechtsstreit hat das Oberverwaltungsgericht Berlin am Mittwoch die Baugenehmigung für den Neubau eines Seitenflügels in der Kollwitzstraße 42 aufgehoben. Es gab damit der Klage des Eigentümers des Nachbargrundstücks statt. Der hatte gegen den Neubau geklagt, weil im Hof des Karrees eine Grünfläche zerstört wurde. Der Stadtrat für Stadtentwicklung in Pankow, Jens-Holger Kirchner (Grüne) begrüßte das Urteil.

Die Baugenehmigung für den umstrittenen Riegel hatte Kirchners Vorgänger Michail Nelken (Linke) erteilt. Dagegen hatte im November 2010 das OVG einen Baustopp für den Neubau verhängt. Mit der Aufhebung der Baugenehmigung hat das Gericht nun ein Schlusswort gesprochen. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Allerdings können der Eigentümer und der Bezirk Beschwerde einlegen.

Stadtrat Kirchner nannte das Urteil wegweisend. „Bislang haben die Gerichte jedes Vorhaben genehmigt, das dort entstehen sollte, wo es einmal einen Seitenflügel oder ein Hinterhaus gab.“ Das betreffe auch die Entkernungen, also den Abriss von Hinterhäusern und Seitenflügeln aus DDR-Zeiten wie etwa am Arnimplatz oder in der Husemannstraße. „Diese Entkernung war sinnvoll, weil sie mehr Grün und Lebensqualität geschaffen hat“, so Kirchner zur taz. „Es ist nicht mehr zeitgemäß, heute die Bebauung der Gründerzeit wieder herzustellen.“

Das OVG hat sich dieser Sicht mit dem Urteil vom Mittwoch angeschlossen. In der Mitteilung zum Urteil heißt es, „dass die Freifläche im Blockinnenbereich planvoll entstanden ist und deshalb hinter den Vorderhäusern eine sogenannte faktische Baugrenze besteht, die eine Bebauung auf der Freifläche ausschließt“. Eine schriftliche Urteilsbegründung steht derzeit noch aus.

Die Eigentümergemeinschaft der Kollwitzstraße 42 hatte bereits vor dem Urteil angekündigt, den Bezirk für die Kosten einen möglichen Abrisses verantwortlich zu machen. Dem sieht Kirchner gelassen entgegen. „Weil es von Anfang an eine Klage gegen den Bau gab, hat der Eigentümer auf eigenes Risiko gebaut.“ UWE RADA