Teurer Männerschlussverkauf

Ab 1. Januar kostet die Riester-Rente für Frauen und Männer gleich viel. Die Versicherer werden deshalb den Versicherungstarif für Männer erhöhen – aber den für Frauen kaum senken. Grüne sehen „Abzocke“: „Das war anders verabredet!“

„Wir rechnen schon damit, dass künftig mehr Frauen Riester-Verträge abschließen“

VON ULRIKE WINKELMANN

„Achtung Männer“ wirbt das Versicherungsunternehmen CosmosDirekt: Jetzt noch fix eine Riester-Rente abschließen. Denn ab dem 1. Januar müssen Männer mehr für ihre staatlich geförderte Privatvorsorge bezahlen. „Männerschlussverkauf“ heißt die Aktion.

Hinter dieser zunächst unschuldigen Werbemaßnahme steckt zweierlei: Erstens ein langer Kampf um Geschlechtergerechtigkeit. Zweitens „Abzocke“ – so jedenfalls die Wortwahl der grünen Rentenpolitikerin Irmingard Schewe-Gerigk. Die Grüne fürchtet um eine der letzten rot-grünen Errungenschaften. Im Frühjahr 2004 setzten vor allem die Frauen der damaligen Regierungsparteien durch, dass der Staat keine Privatvorsorge fördern dürfe, die Männer und Frauen ungleich behandle. Schließlich gebe es in der gesetzlichen Rentenversicherung auch keine unterschiedlichen Beiträge für Männer und Frauen. Als Riester-Rente dürfen die Privatversicherer deshalb ab dem 1. Januar 2006 nur noch Produkte zum Einheitspreis, dem „Unisex-Tarif“, anbieten.

Die unterschiedliche Lebenserwartung darf keine Rolle mehr spielen. Ohnehin schrumpft der Lebenserwartungsabstand zwischen den Geschlechtern. Der Lebenserwartungsabstand etwa zwischen Arm und Reich dagegen wächst stetig – arme Männer sterben mittlerweile zehn Jahre früher als wohlversorgte.

Es war „verabredet“, sagt Schewe-Gerigk, dass die Versicherer also die Produkte für Männer teurer, für Frauen aber genauso viel billiger machten. Der Werbung jedoch entnehme sie die Absicht, schlicht allen den um 15 Prozent teureren Frauentarif überzustülpen – „die Versicherungen tun jetzt so, als wenn die nur noch Frauen versicherten“. Der Tonfall der Werbung, wonach die Solidaritätsmaßnahme Unisex den Männern als Einbuße dargebracht wird, sei außerdem „empörend“.

Der CosmosDirekt-Sprecher erklärt auf Anfrage, sein Unternehmen beabsichtige durchaus, den Tarif für Frauen im Januar auch abzusenken – nur eben nicht so stark, wie der für Männer ansteigt. „Wir rechnen schon damit, dass künftig mehr Frauen Riester-Verträge abschließen“, deshalb sei halbe-halbe nicht möglich. Dass das Unternehmen diesen Effekt durch seine Werbung befördert, sehe er nicht. Gegenwärtig liegen die Tarife etwa für 40-jährige Männer und Frauen knapp drei Euro pro Monat auseinander.

Wie die Versicherungswirtschaft ab Januar mit den Unisex-Tarifen umgeht, ist durchaus noch nicht sicher. Gleichbehandlung ist für die Branche etwas völlig Neues und muss frisch durchkalkuliert werden. Seit 1994 kontrolliert die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die Tarife nicht mehr im Voraus, sondern im Nachhinein. Sollte der Unisex-Tarif sich jedoch als überzogen erweisen, sagt BaFin-Sprecher Ben Fischer, „müssen die Überschüsse sowieso an die Versicherungsnehmer zurückfließen“ – an Männer wie Frauen.