piwik no script img

„Mein Kampf“ in NordkoreaHitler-Ente zum Geburtstag

Staatschef Kim Jong Un rät ranghohen Funktionären angeblich zur Lektüre von Hitlers „Mein Kampf“ – um „praktische Lehren daraus zu ziehen“.

Die Farbe erinnert eher an ein Standardwerk von Mao. Bild: dpa

„Menschlicher Abschaum“, seien sie, der „physisch ausgelöscht“ werden müsse: Unverblümt bedrohte Nordkoreas Propaganda am Mittwoch die Verfasser einer unliebsamen Internetmeldung: Kim Jong Un habe zu seinem Geburtstag Exemplare von Hitlers „Mein Kampf“ in koreanischer Übersetzung an einige ranghohe Funktionäre verteilt, schreiben die Exilanten und Regimekritiker von New Focus International auf ihrer eher obskuren Webseite.

Sie stützen sich auf Äußerungen eines anonymen Nordkoreaners, der in China arbeiten soll. Kim habe hohe Funktionäre seines Landes in einer Rede angewiesen, sich weiterhin zugleich für die atomare Aufrüstung und die wirtschaftliche Entwicklung einzusetzen, und dabei auch erwähnt, dass Hitler es nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg relativ schnell geschafft habe, Deutschland wiederaufzubauen. Der nordkoreanische Führer habe angeordnet, „das Dritte Reich gründlich zu studieren, und verlangt, praktisch anwendbare Schlussfolgerungen zu ziehen“, habe die Quelle in einem Telefoninterview berichtet.

Die Exemplare von „Mein Kampf“, die dem allgemeinen Publikum in Nordkorea nicht zugänglich seien, habe der auf etwa 30 Jahre geschätzte Kim Jong Un bereits im Januar verteilt – in der Tradition der Führergeschenke an seine Vertrauten als Belohnung für Loyalität. Schon sein Ende 2011 verstorbener Vater Kim Jong Il hatte seinen Geburtstag mit Gaben an Militärs und verdiente Genossen versüßt, zeitweise mit populäreren Gaben wie TV-Geräten oder Uhren. Für das Volk gab es zusätzliche Essensrationen oder andere Annehmlichkeiten.

Ob die bereits am Montag verbreitete Nachricht stimmt, ist bislang nicht nachzuprüfen. Möglich wäre es, es könnte sich aber auch um eine gezielte Desinformation handeln. Klar ist nur: Erst die von der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA veröffentlichten Morddrohungen führten zur internationalen Verbreitung der Meldung.

Die harsche Reaktion aus Nordkorea erinnert erneut daran, wie sehr sich der Ton im Norden seit dem Machtantritt des jungen Kim – des Enkels des Staatsgründers Kim Il Sung – verschärft hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • M
    malte

    Eine "obskure" Webseite stützt sich auf einen anonymen Koeraner der in China arbeiten soll...

     

    Na Hauptsache man bedient mal wieder das Schema Rot = Braun.

  • S
    Sondermann

    Bezeichnend ist doch, dass hier das nordkoreanische Regime seine Kritiker für "Abschaum" hält. Das lässt tatsächlich auf Nähe zum NS schließen, denn es ist eine biologistische Sprache, wie sie eben auch in Hitlers Pamphlet vorkommt.

  • I
    Irmi

    Diese ganzen Hitler Sch.........kann man echt nicht mehr hören. Dennoch gibt es Leute die vor nichts zurück schrecken und heute noch Geld daraus schlagen wollen.

  • AJ
    Andreas J

    an Der Nachdenker,

    ich glaube kaum , dass du jemals Karl Marx gelesen hast. AUA! Dümmer gehts nimmer.

  • A
    aujau

    "Mein Kampf" als Studiengrundlage über die Nazizeit und das Regime?

    In Nordkorea herrscht offenbar mehr Mangel als vermutet...

  • JJ
    Jared J. Myers

    Unbestätigten Meldungen aus interessierten reisen zufolge arbeitet Kim Jong Un an einer nordkoreanischen Fassung des Werks.

    Arbeitstitel:"Kein Mampf!"

  • DR
    Dr. rer.. nat. Harald Wenk

    die beschäftigung mit den kraftquellen von todfeinden bleibt keinem politiker erspart. bei dialektikern ist das noch stärker ausgeprägt (hegel: "sich in den umkreis der kraft des gegners begeben..).). kirchenkritik ohne einen blick in die bibel ist auch nicht sehr "gründlich".

    aber, ich glaube die meldung auch nicht unbedingt.

  • DN
    Der Nachdenker

    Kim Jong Un hat recht!

     

    Man sollte das Buch von A. H. lesen, leider ist es hierzulande nicht erhältlich, weil pseudo-intellektuelle, verlogene Bonzen es verhindern...

    Das nennt man Zensur, und Zensur hat in einer Demokratie nichts zu suchen!

     

    Kar Marx Geschwurbel ist bis dato frei verfügbar...

  • C
    Cosmo

    Konsequent wäre es. Schließlich wurden auch schon NPD-Funktionäre in die Nordkoreanische Botschaft eingeladen.

  • DD
    dark dope

    Hat denn der bayrische Horst die Übersetzung ins Koreanische überhaupt gestattet?