Sonnenutzung leicht gemacht: Energiewende auf den Dächern
Per Solarkataster kann nun jeder Bremer Hausbesitzer komfortabel das Potenzial seiner Dachflächen ermitteln. Genutzt werden bislang weniger als ein Prozent
BREMEN taz | Mehr als 60 Prozent der stadtbremischen Dachflächen sind für den Betrieb einer Photovoltaik-Anlage geeignet. Genügend Sonne, um ökonomisch sinnvoll warmes Wasser zu erzeugen – „Solarthermie“ – bekommen sogar drei Viertel aller Dächer. Die tatsächliche Nutzung dieses Potenzials liegt bei nur 0,9 Prozent.
Um diese Lücke zu verkleinern, hat das Umweltressort im Internet unter www.solarkataster-bremen.de ein hochkomfortables Informations-Tool freigeschaltet. Es umfasst detaillierte Daten aller Bremer Gebäude – und stellt auf Knopfdruck eine erste Solarpotenzial-Analyse zur Verfügung. Sie gibt Auskunft über mögliche Modulgrößen sowie deren Maximalleistung gemäß hiesiger Strahlungsintensität. Auch die mögliche CO2-Ersparnis durch die eigene Stromproduktion wird aufgeführt. Leichter kann es die Behörde den Bürgern kaum machen, ein Stück Energiewende selbst in die Hand zu nehmen.
Grundlage dieser Informationen ist nicht allein die Bremer Liegenschaftskarte, sondern auch zwei mehrtägige Erkundungsflüge vom März 2012. Die dabei durchgeführten Laserscans setzten alle 25 Zentimeter einen Messpunkt, sodass strukturgenaue Oberflächenreliefs ermittelt werden konnten. Praktisch ausgedrückt: Jeder verschattende Schornstein, fast jeder im Weg stehende Belüftungsstutzen auf den rund 200.000 Bremer Gebäuden werden in die Analyse eingerechnet. Neigungswinkel und Gauben sowieso. Diese Präzisionsarbeit samt Software-Anwendung hat nur 23.500 Euro gekostet – wovon die Hälfte von der SWB und weiteren Fachfirmen übernommen wurde.
Wer sich dieser Datenerfassung entziehen will, die in der Dimension an Google Maps erinnert, kann seine Immobilie im Kataster sperren lassen.
Im Vergleich zu Süddeutschland lassen sich in Bremen zehn bis 15 Prozent weniger Solarertrag erwirtschaften. Doch da sich Photovoltaik mittlerweile vor allem für den Selbstverbrauch rechnet – die Einspeisevergütung sank von 50 auf 15 Cent pro Kilowattstunde –, stellt der Solarkataster gleich noch einen Strombedarfsrechner zur Verfügung. Zwei übereinander liegende Kurven verdeutlichen im nächsten Schritt, in wieweit die örtlichen Gegebenheiten mit dem Profil des Eigenbedarfs übereinstimmen. Wer tagsüber, wenn die Kollektoren brummen, kaum Strom verbraucht, kann solche Ungleichzeitigkeiten in die wirtschaftliche Abwägung einbeziehen. In der Regel amortisieren sich derartige Hausanlagen in einem Zeitraum zwischen sieben und 12 Jahren.
Die derzeit in Bremen installierte Solarleistung ist zwar um Faktor 100 steigerbar, entspricht aber bereits dem Ertrag fünf mittelgroßer Windräder – deren wohnnahe Errichtung stets hoch umstritten ist.
Leser*innenkommentare
Paul
Gast
Wow, das ist wirlich eine geniale Idee.
Warum kriegt sowas nur das kleine Bremen hin und warum gibt es das nicht schon längst bundesweit?
Vielleicht sollte das Umweltressort mal Kollegen in anderen Ländern über das Projekt informieren.