Türken planen Uni in Goslar

Die private türkische University of Economics will im Harz-Städtchen Goslar eine Niederlassung gründen. Der Plan: 2.000 Studierende aus aller Welt sollen in Deutschlands Mitte unter Nobel-Bedingungen ausgebildet werden

Schick, diese Mensa. Keine Schlange. Freier Blick auf fünf verschiedene Gerichte, und die Köche bei der Ausgabe tragen Mundschutz. Die blonde Studentin vor ihnen dagegen trägt Pferdeschwanz, wird Salat essen und sich dabei in die Sonne von Izmir setzen. Cola gibt‘s natürlich auch. Die kleine Pointe: „Enjoy“ steht da auf Türkisch.

Zu sehen ist diese Szene auf einem Foto, das die internationale University of Economics in Izmir in‘s Internet gestellt hat – zusammen mit anderen PR-Fotos, die vom Studieren in properem Ambiente erzählen. Seit 2001 gibt es die Izmir University of Economics, gegründet hat sie die Handelskammer der Ägäis-Metropole. Eine Privatuni, an der das Studium rund 3.000 Dollar an Studiengebühren kostet pro Semester kostet und in deren Leitbild es heißt, man wolle kreative Menschen hervorbringen, die loyal gegenüber den Prinzipien von Mustafa Kemal Atatürk sind – jenem ersten Präsidenten der Türkischen Republik, der als Ziele die Hinwendung der Türkei zum Westen und die Trennung von Staat und Religion verfolgte.

Als „solide private Hochschule“ schätze das niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur die Izmir University of Economics ein und begrüße deshalb das Vorhaben der Türken, im niedersächsischen Goslar eine international ausgerichtete Dependance zu gründen, so Ministeriumssprecher Thomas Philipp Reiter. Zunächst vier Fachbereiche mit rund 500 Studierenden will die Handelskammer von Izmir in leer stehenden Goslarer Kasernen einrichten, wobei das Spektrum der Fächer von Wirtschaft über Design bis hin zu Literatur-, Kommunikations- und Verwaltungswissenschaften reichen soll. Nach der Anlaufphase sollen rund 300 Professoren und Angestellte 2.000 Studierende aus der ganzen Welt betreuen. Eine Zusammenarbeit mit der TU Clausthal wird laut Goslarscher Zeitung angepeilt, finanzieren aber will das Projekt die Handelskammer in Izmir.

Dass die Standortwahl ausgerechnet auf Goslar fiel, erklärt sich Stadtsprecherin Sandra Ritters mit der zentralen Lage der 44.000 EinwohnerInnen-Stadt im Harz: „Goslar liegt ungefähr in der Mitte von Deutschland.“ Ferner gebe es familiäre Verbindung von Goslar nach Izmir: Der Goslarer Gastronom Hüseyin Var hatte seinen Onkel Turgut Var zu Gast, der als Wirtschaftsprofessor in engem Kontakt zu Entscheidungsträgern in Izmir steht. Diese ließen sich bei der Standortfrage von Turgut Vars Begeisterung für Goslar leiten – was wiederum Goslars Oberbürgermeister Otmar Hesse begeistert. Gestern reiste er mit einer Delegation nach Izmir, um weitere Pläne zu schmieden.

Auch zwischen den Türken und dem Ministerium für Wissenschaft und Kunst in Hannover gab es bereits Gespräche, konkrete Anträge aber gibt es noch nicht. Die müssten gestellt werden, falls die Uni zu einer staatlich anerkannten Uni werden möchte – erster Bestandteil des Verfahrens wäre dann ein Gutachten durch den deutschen Wissenschaftsrat mit Sitz in Berlin. Klaus Irler