berliner szenen Eiskalte Fans

Politiker auf Kufen

Die Touris Unter den Linden, die hinter der Plexiglasumrandung der Eisbahn neben der Oper standen, wussten nicht so recht, welche „sportlichen Leistungsträger“ sie da gerade beim Eisstockschießen beobachteten. „Sind das welche von der neuen Regierung?“ Dabei sahen sie gerade den nun schon zum dritten Mal stattfindenden Eisstockwettkampf Senat gegen Abgeordnetenhaus. Eine ziemlich riesige Telefonfirma und ein ziemlich großer Stromkonzern betreiben die angeblich „größte Open-Air-Eisbahn Berlins“ auf dem Bebelplatz. Auf die man laut Ordner keine roten Getränke mitnehmen darf – „die Flecken gehen nicht raus“.

Normalbürger zahlen drei Euro für eine Stunde Pirouettendrehen auf Kufen. Rundrum gibt’s leere Stände mit Bratwurst, traurigem Krippenpersonal aus Holz und natürlich Glühwein.

Als eingefleischtem Feuilletonisten sind einem Politikerbräuche ja nicht so vertraut. Dass Innensenatoren es schaffen, „Fans“ auf eine Eisfläche zu kriegen, auf der sie über eine Stunde rumfrieren, Bravo rufen und dabei Pappschilder hochhalten, auf denen ein Foto ist, unter dem steht „Senat von Berlin – Dr. Körting“, mutet doch relativ beknackt an. Bei Absurditäten treibt es mich immer dazu, wildfremden Leuten, die zufällig neben mir stehen, zu sagen, wie ich die Sache so sehe. In diesem Fall leider dem Fanblock der PDS. Die „Altkommunisten“ scheinen aber prinzipiell nur mit Parteikadern zu reden. „Beknackt, oder?“, versuchte ich es gleich noch mal. Gerade als Stefan Liebich den Eisstock so ungeschickt auf die Bahn donnerte, dass fast Moderatorin Julia von dem 5-Kilo-Teil getroffen worden wäre. Ich bin dann schnell zum Konzert von Broken Social Szene. War großartig.

ANDREAS BECKER