Mickeriger Nachwuchs

Immer wieder versuchen junge Biathleten, in den Kreis der Elite aufzurücken. Immer wieder scheitern sie an den Vorgaben der Altvorderen. Beim Weltcup in Hochfilzen wird dies wohl nicht anders sein

AUS MÜNCHEN KATHRIN ZEILMANN

Man nehme die drei Besten einfach weg, lasse Nachwuchsläufer antreten und schaue, was passiert. Die deutschen Biathleten haben dieses Experiment beim Weltcup-Auftakt in Östersund gewagt, es ist schief gegangen: die Staffel nur auf Platz elf, kein Resultat unter den besten 15 in den Einzelrennen.

Sven Fischer, Rico Groß und Michael Greis haben den ersten Weltcup sausen lassen und lieber noch trainiert, immerhin steht 2006 im Februar Olympia auf dem Programm. Ihr Fehlen zeigte aber, dass der Nachwuchs der deutschen Biathleten noch nicht zur Weltklasse gehören. Sie agierten nervös in einer Sportart, in der es auf Nervenstärke ankommt. Den Sturz ins kalte Wasser haben die jungen Athleten nicht gut verkraftet.

Christoph Knie und Robert Wick, zwei aus der jungen Riege, sind mittlerweile wieder in den Europacup zurückgekehrt. Beim Weltcup in Hochfilzen, der heute mit dem Damen-Einzel beginnt, gehen Fischer, Groß und Greis wieder an den Start. Zwar erklären sie, dass sie nach harten Trainingswochen nur mit gedämpften Erwartungen anreisen, „doch ich bin schon gespannt darauf, wo ich mich einordnen werde“, sagt Sven Fischer.

Ein Nachwuchsproblem habe man nicht, sagt Bundestrainer Frank Ullrich. Er musste das in den vergangenen Jahren oft betonen. Auf Fischer, Groß und dem im vergangenen Jahr zurückgetretenen Luck war immer Verlass, ihre Stärke übertünchte, dass dahinter viele vermeintliche Talente vergeblich um den Anschluss rangen. Nur Michael Greis hat es mit WM-Silber über 20 Kilometer und einem Weltcupsieg auf der Olympia-Strecke in San Sicario geschafft, sich in den vorderen Rängen zu etablieren. Luck hat bereits aufgehört, Groß, 35, und Fischer, 34, werden in absehbarer Zeit folgen.

Ullrich verweist beharrlich auf kleine Lichtblicke, die er bei der Nachwuchsriege in Östersund gesehen haben will. Vor dem Einbruch der Staffel habe Michael Rösch als Führender gewechselt, eine bessere Platzierung als Rang 17 im Verfolgungsrennen habe er nur durch das letzte Schießen verspielt. „Es ist immer subjektiv, von schlechten Ergebnissen zu reden. Ich war nicht unzufrieden“, sagt Ullrich.

Die Nachwuchshoffnungen brauchen Einsätze im Weltcup, um ihrer Nervosität Herr zu werden, um sich an den Druck beim Wettstreit mit den Besten zu gewöhnen. „Man darf sie nicht erschlagen mit der Erwartungshaltung“, fordert Ullrich. Noch können sie sich tatsächlich bei Bedarf hinter den breiten Schultern der Arrivierten verstecken. Aber besser, sie gewöhnen sich daran, dass auf sie allein bald der Fokus gerichtet sein wird.

Doch es ist noch nicht so weit und die Fan-Gemeinde der äußerst beliebten Wintersportart Biathlon darf mit Medaillen der Deutschen bei Olympia rechnen. „Wir haben qualitativ und quantitativ im Training noch einmal zugelegt“, sagt Ullrich. Dass der überragende Norweger Ole Einar Björndalen sich bereits in Östersund in beeindruckender Frühform zeigte, beunruhige nicht. Ullrich: „Ich weiß, dass die Norweger auch noch einen Weltcup auslassen werden, um eine spezielle Olympia-Vorbereitung zu fahren. Wir haben unser eigenes Konzept.“ Und das sehe vor, die Formkurve erst kurz vor den wichtigen Programmpunkten im Februar bei Olympia steigen zu lassen. Dieses Experiment ist oft erprobt worden, bei Großereignissen war immer Verlass auf Frank Ullrichs Zweikämpfer. Vielleicht klappt dann auch bald die Versuchsanordnung bei dem Vorhaben, eine neue Riege zu etablieren.