Niznanskys Anwalt fordert Freispruch

„Ihre Ermittlungen sind nichts wert, Herr Staatsanwalt“, meint der Verteidiger im Prozess um NS-Massaker in Slowakei

MÜNCHEN taz ■ Freispruch hat die Verteidigung des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Ladislav Niznansky gestern beim Prozess in München gefordert. Während die Staatsanwaltschaft den inzwischen 88-Jährigen des gemeinschaftlichen Mordes in 164 Fällen für schuldig hält, behauptet der Angeklagte, er sei von den Nazis zum Kampf gegen Partisanen gezwungen worden.

Trotz der vorgeblichen Zwangslage hatte es der Slowake Niznansky im letzten Kriegsjahr immerhin zum Hauptmann einer slowakischen Abteilung der Wehrmachtstruppe „Edelweiß“ gebracht, wie sein Verteidiger Steffen Ufer eingestand. Niznansky habe aber keine Massaker an Dorfbewohnern und Juden befohlen oder organisiert und auch keine Zivilisten erschossen. Er habe lediglich Befehle übersetzt und mit seinen Leuten bei Einsätzen gegen Partisanen Fluchtwege verstellt. Niemals jedoch sei er Stellvertreter des „Edelweiß“-Befehlshabers gewesen, wie der Staatsanwalt behaupte. Dass „sich deutsche Soldaten und SS-Leute von einem Slowaken befehlen lassen, der vorher an einem Aufstand gegen die Deutschen teilgenommen hat, ist absurd“, sagte Ufer.

Die Staatsanwaltschaft war zu einem ganz anderen Ergebnis gekommen: Niznansky, der inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, habe 1945 in „erbarmungsloser Brutalität“ die Ermordung von 164 Menschen angeordnet: 146 Bewohner der slowakischen Bergdörfer Ostry Grun und Klak hat seine Truppe zur „Partisanenbekämpfung“ im Januar 1945 hingerichtet, darunter 70 Frauen und 51 Kinder. Einen Monat später liquidierte die „Abwehrgruppe 218 Edelweiß“ 18 jüdische Flüchtlinge im nahe gelegenen Ksina. Der Angeklagte habe „das Tatgeschehen in wesentlichen Punkten beherrscht“, so der Staatsanwalt. Auch wenn ihm persönlich keine Erschießung nachzuweisen ist, habe er „aktiv“ am Einsatz teilgenommen und sich als stellvertretender Kommandeur der Einheit zum „Herren über Leben und Tod aufgeschwungen“. Sein Antrag: lebenslange Haft.

Die deutschen Staatsanwälte waren in den letzten zwei Jahren auch selbst in die Slowakei gereist, um Zeugen zu finden und den Hergang zu rekonstruieren. Doch große Teile der Anklage stützen sich auf Ermittlungen und Zeugenaussagen aus dem Jahre 1962. Mehrere Beteiligte waren damals in der Slowakei zu hohen Haftstrafen verurteilt worden und hatten im Laufe des Prozesses Niznansky schwer belastet, der damals zum Tode verurteilt wurde. Allerdings in Abwesenheit, war er doch zwischenzeitlich nach München gezogen und hatte eine Karriere als CIA-Agent und Mitarbeiter des US-Propagandasenders „Radio Free Europe“ begonnen.

Für Verteidiger Steffen Ufer ist das Benutzen dieser alten Dokumente aus dem „kommunistischen Schauprozess“ nicht das Ergebnis aufwändiger Recherchen, sondern Ausdruck schlampiger und einseitiger Arbeit: „Ihre Ermittlungen sind nicht der Rede wert, Herr Staatsanwalt.“

Das Urteil wird am 19. Dezember erwartet. MAX HÄGLER