Arm bleibt arm

ARBEITSMARKT Die Hartz-Reformen haben in Bremen vor allem den Niedriglohnsektor gestärkt. Und die Chancen aufzusteigen, sind gesunken

In Bremen sollen 2010 fast 3.000 Arbeitslose in Beschäftigungsmaßnahmen unterkommen.

Jetzt hat die FDP dazu eine Kleine Anfrage gestellt – weil die Träger dieser Maßnahmen dem Handwerk „zunehmend Konkurrenz“ machten, etwa durch Tischlereien und Werkstätten. Damit verdrängten sie, trotz anders lautender Gesetze, reguläre Jobs – ein Punkt, an dem die FDP sich ausnahmsweise einig weiß mit der Linkspartei. „Doch daraus den Schluss zu ziehen, öffentlich geförderte Beschäftigung abzulehnen, ist falsch“, so die Linke. mnz

Fünf Jahre nach Einführung von Hartz IV hat sich auch in Bremen der Arbeitsmarkt nachhaltig verändert. „Fundamental“ nennt es die Arbeitnehmerkammer, „dramatisch“, ja: „katastrophal“ Herbert Thomsen vom Bremer Erwerbslosenverband.

Besonders der Niedriglohnsektor ist in Bremen in den letzten Jahren überdurchschnittlich stark angewachsen. Inzwischen erreicht er in Bremen einen Anteil von 30 Prozent, während Hamburg oder Hannover mit 25 Prozent noch im westdeutschen Durchschnitt liegen. Schon im ersten Jahr der neuen Arbeitsmarktgesetze ist die Zahl der Minijobber in Bremen sprunghaft angestiegen, um etwa 5.000 auf ein Level von rund 48.000 – das seither stabil ist. Auch die Leiharbeit hat in Bremen rapide zugenommen: 2003 waren noch rund 5.000 BremerInnen in dieser Branche beschäftigt – seit 2007 sind es doppelt so viele.

„Der prekären Beschäftigung wurde mit den Hartz-Gesetzen Tür und Tor geöffnet“, sagt Peer Rosenthal von der Arbeitnehmerkammer. Ergebnis: Nirgendwo sonst in Westdeutschland sind so viele regulär und sozialversicherungspflichtig Beschäftigte noch auf zusätzliche Gelder vom Amt angewiesen wie in Bremen – inzwischen ist es fast jeder 20. Von jenen, die ausschließlich einen Minijob haben, bekommt jeder Fünfte auch noch Hartz IV-Leistungen. Auch die Zahl derer in Bremen, deren Bruttoeinkommen mit derzeit 1.279 Euro nur knapp über der Hartz IV-Schwelle liegt, hat sich gegenüber 2000 verdoppelt. 2007 waren in Bremen mehr als 100.000 Menschen hiervon betroffen.

Und die Hoffnung, in besser bezahlte Jobs aufzusteigen, trügt oftmals. Fast die Hälfte derer, die als Hartz IV-EmpfängerInnen einen Job bekommen, verdienen weniger als 7,50 Euro in der Stunde, sagt Rosenthal. „Und die Chancen, in besser bezahlte Tätigkeiten aufzusteigen, sind in den letzten Jahren sogar noch gesunken.“

Wer arbeitslos wird, der fällt gerade in Bremen vielfach direkt in den Hartz IV-Bezug. Während im Bundesdurchschnitt immerhin noch ein Drittel der Erwerbslosen Arbeitslosengeld (ALG) I bekommt, sind es in Bremen inzwischen nur noch 18 Prozent. 2005 waren es immerhin noch 28 Prozent. Dementsprechend ist auch der Anteil Bremens an den ALG II-EmpfängerInnen in ganz Deutschland derzeit so hoch wie nie. „Gerade die vormaligen Bezieher von Arbeitslosenhilfe sind mehrheitlich die Verlierer der Reform“, sagt Rosenthal – sie bekommen jetzt weniger oder gar keine Leistungen mehr. mnz