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Für immer BachelorRauswurf aus der Uni

Rund 100 LehramtsstudentInnen dürfen im kommenden Semester nicht weiterstudieren – trotz der „Master-Garantie“ des Senats.

Für rund 100 Lehramtsstudenten der Uni Hamburg heißt es: Bitte verlassen Sie den Hörsaal. Bild: dpa

Rund 100 Studierende können ihr Lehramtsstudium im Wintersemester voraussichtlich nicht fortsetzen. Sie haben keinen Platz für das Masterstudium an der Hamburger Uni bekommen. Das sind deutlich mehr als im Vorjahr, als zum ersten Mal seit der Einführung des Bachelor-Master-Systems knapp 30 AbsolventInnen bei der Masterstudienplatzvergabe leer ausgingen. Der Senat und die Uni haben damit ihr in der Hochschulvereinbarung von 2011 festgelegtes Ziel verfehlt, allen BachelorabsolventInnen ein Anschlussstudium zu ermöglichen.

In einem offenen Brief fordern der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) und der Fachschaftsrat Sonderpädagogik Senat und Uni auf, jedem betroffenen Lehramtsstudierenden einen Masterstudienplatz anzubieten. Denn das Bachelorstudium allein ist kein berufsqualifizierender Abschluss. Ohne Masterstudium können Studierende kein Referendariat absolvieren. Der Asta fordert daher im offenen Brief, die „künstliche Trennung des Studiums zwischen Bachelor und Master aufzuheben“.

Der Wechsel an eine andere Uni ist wegen inhaltlicher und struktureller Unterschiede der Bachelorstudiengänge oft schwierig. Enja Weye ist eine von denen, die keinen Masterstudienplatz bekommen haben. Als Sonderpädagogikstudentin könne sie sich nur an drei weiteren deutschen Unis bewerben, sagt sie. Die Bewerbungen werden jedoch nur unter Vorbehalt akzeptiert. Um zugelassen zu werden, müsste sie etwa zusätzliche Praktika absolviert haben.

Bereits im vergangenen Jahr hatten Senat und Uni ab dem Wintersemester 2013/14 eine Härtefallquote eingeführt. Diese richtet sich an Studierende, die aus sozialen Gründen an Hamburg als Studienort gebunden sind. Darüber hinaus wurde die Zahl der Masterstudienplätze für die Lehramtsstudiengänge von 600 auf 672 aufgestockt – insgesamt bewarben sich laut Uni knapp 1.000 Studierende. Erfahrungsgemäß nehmen nicht alle Studierenden ihren Platz auch an, einige Abgelehnte könnten also noch über das Nachrückverfahren Glück haben.

Lars Grote vom Fachschaftsrat Erziehungswissenschaften geht das nicht weit genug. Der Senat solle bei der derzeitigen Novellierung des Hochschulgesetzes für die „Einrichtung von Studiengängen mit dem Master als Regelabschluss, mit entsprechender Zulassung“ eintreten und die notwendigen Rahmenbedingen über die Kultusministerkonferenz forcieren.

„Eine solche Landeskinderklausel ist verfassungsrechtlich nicht möglich“, sagt der Sprecher der Wissenschaftsbehörde, Alexander von Vogel. Der Senat habe die Uni gebeten, mitzuteilen, warum sie die BewerberInnen abgelehnt hat. „Es wird intensiv zu prüfen sein, ob die Uni alle erforderlichen und vereinbarten Maßnahmen ergriffen hat, um die Situation im Sinne der Studierenden zu verbessern“, sagt von Vogel.

Enja Weyhe wird die Uni zum kommenden Wintersemester noch nicht verlassen, da sie noch ein Modul ihres Bachelorstudiums absolvieren muss. Andere der leer ausgegangenen BewerberInnen sind aber bereits fertig und ihnen drohe nun ein „Abrutschen in die Arbeitslosigkeit und eine massive Verschlechterung ihrer finanziellen Situation“, sagt Weyhe. Denn ohne den Status als Studierende verlieren die Bachelor-AbsolventInnen ihr Anrecht auf Bafög oder Stipendien.

Ebenso wie die meisten anderen abgelehnten BewerberInnen will Weyhe Widerspruch einlegen. Und der Asta fordert jetzt einen Runden Tisch mit Uni-Leitung, Studentenvertretung und Vertretern der Wissenschafts- und Bildungsbehörde, um schnell eine Lösung für die Lehramtsstudierenden zu finden. Andernfalls kündigten Studierendenvertreter an, eine Sammelklage gegen die Uni zu prüfen.

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10 Kommentare

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  • K
    Kiara

    Wir haben es geschafft! Heute wurde eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der uns die Plätze für zugesichert werden. Schön zu sehen, dass Politik doch schnell und bürgernah gemacht werden kann.

  • S
    Sabine

    Ein Bachelorstudium ist eh für die Katz. Warum machen die Studenten nicht sofort einen vernünftigen Abschluss?

    Ich habe mit meinem Magister-Abschluss alle Möglichkeiten des Berufseinstiegs gehabt. Gerne hätte ich promoviert, aber dazu fehlt mir neben der Arbeit die Zeit.

    Man sollte zum Magistersudiengang zurückkehren, wer auf Bachelor studiert, kann ebensogut zu hause Däumchen drehen.

  • G
    Gast122

    Moin,

     

    Ich habe auch in Hamburg studiert und habe mich auch viel mit diesem Saftladen, sorry, dieser Uni rumgeärgert. Mittlerweile habe ich mein Ref zum Glück fast fertig, trotzdem tut es mir wirklich leid für meine Nachfolger.

     

    Eigentlich ist es nicht schwer: Entweder eine Masterplatz-Garantie für jeden BA-Lehramt ODER es bleibt ein Staatsexamen, natürlich nicht so toll, weil nicht 'international' und bla, aber wohl 1000 Mal besser als die Situation jetzt!

     

    Haltet durch und wehrt euch, so geht es wirklich nicht !!!

  • E
    Enja
  • K
    Klaus_Hamburg

    Jetzt muss die Politik ran! So kann das nicht weitergehen! Junge Menschen mit dem Willen, ihre Arbeitskraft der Allgemeinheit zur Verfügung zu geben werden hier systematisch diskriminiert!

    • S
      Sabine
      @Klaus_Hamburg:

      Keiner wird diskriminiert, nur der sogenannte Bachelorabschluss, der nicht taugt.

      Lieber die Politiker, die diesen Unsinn bschlossen haben, zur Rede stellen als von gesellschaftlicher Diskriminierung zu reden.

  • M
    Malin

    Toller Artikel! von den abgelehnten Studierenden des letzten Jahres wurden ca. 10 im Nachrückverfahren berücksichtigt. Dafür gibt es aber auch einige, die dieses Jahr zum zweiten Mal abgelehnt wurden. Hier werden Studierende gezwungen, ihren Eintritt in die Arbeitswelt um ein zweites jahr zu verzögern! Obwohl bekannt ist, dass Lehrer gebraucht werden.

     

    Außerdem sollte die Politik nicht so vorlaut sein: Das fehlende Geld liegt in ihren Händen. Haltet eure Versprechen, bildet Lehrer aus! Garantiert für Masterplätze und Referendariatsplätze!

    • @Malin:

      Und wie? Man darf eigene Bachelorabsolventen nicht gegenüber anderen bevorzugen, wenn sie sich auf den Master bewerben. Wenn man allen eigenen Absolventen einen Platz garantieren möchte, müßte man das Studium komplett NC-frei anbieten. Und dann kommen alle nach Hamburg, wo man sich bequem einschreiben kann, wenn man Lehrer werden will. Dafür gibt es aber weder Kapazitäten, noch den Bedarf.

       

      Zudem geht es ja meist um Studenten, die gar nicht aus Hamburg kommen und lediglich für den Bachelor herzogen. Wer hier verwurzelt ist und aus sozialen Gründen nicht umziehen kann, kann einen Härtefallantrag stellen und kriegt garantiert seinen Platz. Dieses "Für immer Bachelor ... Studenten rausgeworfen" ist zwar eine knackige Aussage, aber geht an der Realität dann doch vorbei. Man kann sich auch einfach an mehreren Hochschulen bewerben. Müssen andere auch.

      • M
        Malin
        @Verkehrsfritze:

        Das ist so nicht richtig. Die meisten Unis benutzen Tricks, um ihren Studenten ein Folgestudieum zu garantieren. Da gibt es dann "einzigartige" Veranstaltungen, die für den Master voraussetzung sind.

         

        Um den NC geht es bei vielen nicht. Durch die geringe Platzzahl (Deutsch für Lehramt Sonderpädagogik 3 Plätze) wurden auch Studierende abgelehnt, die sehr gute Durchschnitte hatten (ich weiß von 1,4; 1,5...)

         

        Und ja, es gibt viele, die nur zum Studieren nach Hamburg gezogen sind. Aber auch diese haben jetzt ein Leben in dieser Stadt.

  • K
    Kiara

    Danke für diesen Artikel. Wichtig ist auch noch, dass schulische Hauptfächer wie Deutsch eine viel zu geringe Kapazität haben. Für Lehramt Sonderpädagogen gibt es beispielweise nur 3 Plätze für Deutsch. Da reicht ein Durchschnitt von 1,5 leider nicht aus...