Wieder Held

AUFERSTEHUNG Nuri Sahin darf endlich wieder Fehler machen und zeigt dabei, welch überragender Fußballer er ist

AUS DORTMUND DANIEL THEWELEIT

Natürlich hat auch Robert Lewandowski beim 5:1 von Borussia Dortmund gegen den SC Freiburg wieder eine Heldenrolle übernommen. Nach zwei Treffern und einer Torvorlage führt der Pole Scorer- und Torjägerliste an, in den 36 Pflichtspielen der laufenden Saison war er an 36 Toren direkt beteiligt. Nach der Partie interessierte sich dennoch kaum jemand für Lewandowski. Seine unglaubliche Bilanz ist nichts Neues, und weil er den Klub verlassen möchte, gilt die schwarz-gelbe Liebe längst anderen. Dem bekennenden BVB-Fan Nuri Sahin zum Beispiel, der nach einer Odyssee über Madrid und Liverpool zurück im Revier ist und an diesem Nachmittag auch fußballerisch wieder in der Bundesliga ankam.

Wie Lewandowski schoss Sahin zwei Tore und bereitete ein weiteres vor, diese Partie war der „Knotenlöser“, mutmaßte Trainer Jürgen Klopp, der ein hübsches Gleichnis wählte, um den Zustand zu beschreiben, in dem Sahin in der Winterpause in Dortmund angekommen war. „Das ist wie wenn man gut malen kann oder gut Klavier spielen kann, und dann bricht man sich beide Hände“, erläuterte Klopp, „dann werden die irgendwann aus dem Gips rausgeholt, und du denkst, du kannst sofort wieder eine Ouvertüre spielen.“ Aber das gehe natürlich nicht, „das Selbstvertrauen ist ein kleines Dreckspflänzchen, das man leicht zertreten kann, das musste aufgebaut werden.“

Und dazu hat Klopp ungewöhnliche Maßnahmen ergriffen. Er hat Sahin seine lähmende Angst vor Fehlern, die sich in Spanien und England entwickelt hat, ausgetrieben, indem er seinen Spieler geradezu aufgefordert hat, Missgeschicke zu produzieren. „Ich habe versucht, Fehlpässe zu schlagen, denn das gehört einfach zu meinen Spiel“, erzählte Sahin, und Klopp erläuterte später: „Man muss Fehlpässe spielen, denn Fehlpässe sind Einladungen zum Gegenpressing, es geht nur um die Reaktion auf diesen Fehlpass.“ Klopp weiß, dass Sahins Abspielfehler solche Rückeroberungsaktionen besonders oft begünstigen, aber das hatte der Deutschtürke offenbar vergessen. Sahin sei gerade erst „dabei festzustellen, was für ein guter Spieler er war, bevor der ganze Mist losging“, hat Klopp gesagt und erinnerte aber auch daran, dass die ersten 40 Minuten keineswegs gut waren.

Da war Freiburg überlegen, führte mit 1:0, und bis 16.11 Uhr, als das 1:1 fiel, sei es auch der Doppelsechs Sahin/Gündogan, „nicht gelungen, die Mitte zu schließen“, sagte Klopp. Ganz der alte ist Sahin also noch nicht, aber der 24-Jährige ist auf dem Weg, wieder dieser besondere Fußballer zu werden, der er bei seinem Abschied aus Dortmund im Sommer 2011 gewesen ist.