Arg runder Ball

PARALLELEN Im Duell der Interimstrainer kann nur Nürnbergs Michael Wiesinger punkten. Schalkes Jens Keller, der nicht viel kann für die merkwürdige Niederlage seiner Mannschaft, ist längst zur lahmen Ente geworden

Jens Keller hätte wohl nie eine Chance gehabt – und hätte er die Champions League gewonnen

AUS NÜRNBERG CHRISTOPH RUF

Jens Keller und Michael Wiesinger haben offenbar mehr gemeinsam, als Wiesinger lieb ist. Beide sind etwa gleich alt, beide haben eine eher unglamouröse Bundesligakarriere hinter sich. Und beide sind mehr oder weniger unverhofft zu ihren Cheftrainerposten gekommen. Der eine, weil Dieter Hecking über Weihnachten gen Wolfsburg entschwand, der andere, weil Manager Horst Heldt die Saison irgendwie rumkriegen wollte, ehe er im Sommer einen Nachfolger für den rausgeschmissenen Huub Stevens präsentiert. Ginge es nach Wiesinger, wäre es das aber auch schon mit den Parallelen. Der Mann mit der leisen, tiefen Stimme möchte seinen Job schließlich liebend gerne auch in der kommenden Saison ausüben.

Längst sind die Stimmen verstummt, die Wiesinger den Job nicht zutrauten. Ihm, der als Cheftrainer nur in der zweiten Liga beim FC Ingolstadt gearbeitet hat, fehle die Reife für das Oberhaus, hieß es eine Zeit lang. Seit Wiesinger amtiert, hat seine Mannschaft in neun Spielen drei Siege und fünf Remis geholt, in der Rückrundentabelle belegt der Club Rang vier. Die Sehnsucht, ebenjener Stevens, den Keller auf Schalke beerbte, möge am Valznerweiher anheuern, halten sich in Franken sowieso in Grenzen. Gut denkbar, dass Manager Martin Bader schon bald seine am Samstag erneut wiederholte Ankündigung revidieren muss, er werde „im Mai“ bekanntgeben, mit welchem Trainer man in die kommende Spielzeit geht.

Keller hingegen gilt im Pott als „lame duck“, als einer, der eh in ein paar Wochen wieder ins zweite Glied zurücktritt. Er hätte wohl nie eine Chance gehabt – selbst wenn er sein Team tatsächlich in Richtung Champions-League-Ränge geführt hätte, was einfach nicht gelingen will.

Nach dem einigermaßen lustigen 3:0-Sieg von Wiesingers klar unterlegenen Nürnbergern konnte sich der FCN-Coach dann auch nicht das leiseste komplizenhafte Lächeln abringen, als der Schalker Kollege ihn mit ins Boot der Verfemten holen wollte: „Michi hatte hier auch keine leichte Zeit, jetzt wird es bei mir wieder unangenehmer.“

Letzteres mag schon sein, wenngleich im Schalker Lager nach dem Schlusspfiff keiner so recht sagen konnte, welchen Anteil der bedauernswerte Keller denn genau an der Niederlage haben könnte. Jeder der 46.000 Zuschauer hatte schließlich gesehen, dass da eine gut besetzte, gar nicht einmal unengagiert spielende Bundesligamannschaft gegen ein Team verloren hatte, für das der Ball hin und wieder doch arg rund ist. Der Club gruppierte sich deshalb in einer Art Handballtaktik rund ums eigene Tor. Der Rest waren sauber zu Ende gespielte Konter und dementsprechend nett anzusehende Tore von Markus Feulner (31.), Alexander Esswein (69.) und Mike Frantz (87.). Schalke hingegen hatte 60 Prozent Ballbesitz und war nicht nur im ersten Durchgang so überlegen, dass die wackeren Nürnberger zur Halbzeit niedergeschlagen in der Kabine saßen. „Ich musste die Jungs wieder aufrichten“, bekannte Wiesinger. „Und das, obwohl wir 1:0 geführt haben.“

Doch wenn bei einer Mannschaft die „Galligkeit fehlt“ (Manager Horst Heldt), siegt eben auch einmal die Mannschaft, die „in der ersten Halbzeit gar nicht richtig am Spiel teilgenommen hat“ (Keller). Zumindest, wenn die andere ihre Möglichkeiten in einer Leichtfertigkeit vergibt, die ans Kriminelle grenzt. Jefferson Farfan (12./25.), Julian Draxler (13./40), Chinedu Obasi (47.) und Benedikt Höwedes (50.) scheiterten aber entweder am Pfosten, an FCN-Keeper Raphael Schäfer oder an der eigenen Unkonzentriertheit.

Schalkes Manager Horst Heldt war jedenfalls bedient. Er hatte Besseres erwartet nach dem Ausscheiden aus der Champions League. „Der nächste Schritt wäre gewesen, jetzt mit erhobenem Kopf rauszugehen. Aber das haben wir nicht hingekriegt“, sagte er und musste ein um die andere Frage nach dem zukünftigen Trainer auf Schalke beantworten. Das hatte er sich auch selbst eingebrockt, nachdem er zugegeben hatte, mit Armin Veh, dem Trainer von Eintracht Frankfurt, in Kontakt zu stehen. Rausgekommen ist bei all der Fragerei wenig. Heldts Antworten hätte man sich auch ausdenken können: „Jens bleibt bis zum Ende der Saison Trainer – und dann werden wir eine Entscheidung treffen.“ Soso.