Am Tropf des Glücksspielmonopols

FINANZEN Der Landessportbund ist vom Glücksspiel abhängig – und warnt, dessen Monopol anzurühren

Die Liberalisierer des Wettmarkts gewinnen deutlich an Boden

Die Konsequenzen für die Stadt wären verheerend, sagt Dietmar Bothe, Pressesprecher des Landessportbunds Berlin (LSB): „Der Vereinssport könnte nicht mehr sozialverträglich angeboten werden. Die Mitgliederbeiträge würden deutlich steigen.“ Und der Leistungssport könnte nur noch geringfügig gefördert werden.

Das staatliche Glücksspielmonopol, so Bothe, müsse deshalb von den Bundesländern über die bislang verankerte Frist Ende 2011 hinaus verlängert werden. Der Sport profitiert in Berlin – wie in vielen anderen Bundesländern auch – vom staatlich organisierten Glücksspielwesen. Der LSB, der in den 50er-Jahren eigene Sportwettenrechte abtrat, bekommt jährlich 15 Prozent aus den Überschüssen der Deutschen Klassenlotterie Berlin überwiesen. 2009 betrug die Summe 9,5 Millionen Euro – mehr als 40 Prozent des Etats.

So erstaunt es wenig, dass Bothe mit Blick auf die politische Agenda der Landesregierung in Kiel von einem „ernsten Alarmsignal“ spricht. Die dortige CDU-FDP-Regierung hat sich im Herbst in ihrem Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt, den bundesweit gültigen Glücksspielvertrag nicht zu verlängern. Gemäß dem gültigen Vertragspassus müssen die Schleswig-Holsteiner nur zwei Bundesländer auf ihre Seite ziehen, um eine Verlängerung des staatlichen Glücksspielmonopols zu verhindern. Die Konkurrenz der privaten Anbieter, auf deren Steuerabgaben man im Norden spekuliert, würde die sowieso rückläufigen Erträge der staatlichen Unternehmen weiter schrumpfen lassen. Ein ernst zu nehmendes Szenario. Zumal, wie die Zeitung Welt berichtete, sich auf der jüngsten Sportministerkonferenz lediglich Bremen, das Saarland, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Berlin für die geltende Regelung ausgesprochen haben.

Bothe behauptet nun zwar, man habe das nicht so negativ wie die Presse wahrgenommen. Vielleicht gilt hier das Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Zweifellos haben aber zuletzt diejenigen, die für eine Liberalisierung des Wettmarktes eintreten, an Boden gewonnen. Und das bezieht sich nicht nur auf das politische Parkett. Die Profifußballfunktionäre etwa sehen sich durch den neuesten Wettskandal darin bestätigt, dass man private Wettanbieter nicht in die Illegalität vertreiben dürfe. Sie suchen seit geraumer Zeit schon den Schulterschluss mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), um das Wettgeschäft zu privatisieren.

Natürlich steht hinter diesem Bemühen das Bestreben, weitere Geldquellen zu erschließen. Private Wettunternehmen sind als potente Sponsoren angesehen. Manch einer munkelt, der DFB habe nicht nur wie behauptet aus „gemeinnütziger Verantwortung“ dem DOSB 3 Millionen Euro aus den Überschüssen der Fußball-WM 2006 überwiesen. Der DOSB hat auf der letzten Sitzung mit den Landessportbünden ein Positionspapier ins Spiel gebracht, das die Aufhebung des staatlichen Monopols auf Sportwetten beinhaltet. Damit wurde eine Debatte losgetreten, die auf der nächsten Sitzung Mitte März fortgeführt werden dürfte.

Man täte jedenfalls auch in Berlin gut daran, sich zu wappnen und intensiver an alternativen Finanzmodellen zu arbeiten. Bereits in der Vergangenheit musste der Senat für den Landessportbund Kompensationen zahlen, weil zwischen 2004 und 2008 die Gewinnspanne der städtischen Deutschen Klassenlotterie um 23 Prozent zurückging. Die Loslösung des Sports aus der Abhängigkeit von Lottoeinnahmen würde den Haushaltsplan des Senats gewiss mächtig erschüttern. JOHANNES KOPP