Abwarten und Tee trinken

INDEPENDENT Verkauf weiter unklar. Neuer Kandidat für Chefposten

Die Verhandlungen über eine geplante Übernahme des Londoner Independent durch den russischen Ex-KGB-Agenten Alexander Lebedew stocken. Nach britischen Presseberichten gibt es vor allem Streitigkeiten mit dem bisherigen Besitzer Independent News & Media über die Pensionsrückstellungen. Hier scheint das Defizit höher zu sein als bisher angenommen. Außerdem erschwerten Probleme bei den Druckaufträgen des Independent eine baldige Einigung.

Dabei hat Lebedew für das kleinste und jüngste der britischen Qualitätsblätter bereits einen neuen Chefredakteur ausgeguckt:Wie der Guardian berichtet, sei der ehemalige BBC-Radiomoderator Rod Liddle die erste Wahl des potentiellen Neubesitzers für den Job. Liddle, der bei der BBC das wichtigste politische Radiomagazin „Today“ leitete, hatte seinen Job beim öffentlich-rechtlichen Rundunk 2002 räumen müssen, weil er in einem Gastbeitrag für den Guardian gegen die Unparteilichkeitsvorschriften des Senders verstoßen hatte. Zur Linie des Independent hätten Liddles Ausführungen zur Countryside Alliance, die sich damals für das Menschenrecht auf Fuchshetzjagden vehement ins Zaumzeug legte, dagegen allemal gepasst: Dies seien konservative, an Privatschulen herangezüchtete Spießer und rülpsend-feiste Mitglieder der verstaubten Londoner Clubs, hatte Liddle 2002 geschrieben.

Heute ist Liddle unter anderem Kolumnist beim – selbst eher mal konservativen – Spectator, Britanniens dünnerer, aber kontroverserer Variante von Cicero. Hier schreibt der Mann, der einst die Punk Band „Dangerbird“ gründete, heftig und unkorrekt über den Islam und Integrationsthemen – was sich dann vielleicht doch nicht so optimal mit der Pro-Multikulti-Haltung des Independent deckt.

Und noch jemand dürfte etwas gegen Liddle haben: Robert Alton – der erst 2008 Chefredakteur beim Independent wurde und keinesfalls als amtsmüde gilt. STG