Studienplatzvergabe: Der Klageweg zur Uni ist steinig
Gegen die Numerus-Clausus-Beschränkungen der Bremer Hochschulen liegen bisher 400 Klagen vor Gericht.
Auf dem Tisch des Verwaltungsrichters Hartmut Hülle liegen rund 400 Verfahren – bisher, aber es würden noch mehr, sagt er. Alle Jahre wieder ist er im Herbst für die juristischen Auseinandersetzungen um die Studienplatzvergabe zuständig. Im vergangenen Jahr waren es rund 550 Verfahren. Zwei bis drei Monate Arbeit habe er jedes Jahr damit, sagt Hülle.
Wobei es eigentlich meist nur um Schnellverfahren geht: In Numerus-Clausus-Fächern abgelehnte Studienbewerber können einen Antrag auf „einstweilige Anordnung“ stellen, weil ihnen das Recht auf einen Studienplatz vorenthalten wird, wenn das Gericht nicht im Schnellverfahren den Ablehnungsbescheid der Hochschule vor Semesterbeginn aufhebt. Die Begründung ist immer dieselbe: Die Kapazitätsberechnung der Hochschule sei fehlerhaft, ein Student mehr gehe noch. Die Anwälte, die diese Anträge für das Gericht nach immer demselben Schema formulieren, verdienen jedenfalls nicht schlecht daran.
Ob sich der Einsatz auch für die Studienwilligen lohnt, lässt sich nicht so einfach sagen, denn das Verfahren ist kompliziert und der juristische Sachverhalt je nach Studienfach ein anderer. Die Universität Bremen zum Beispiel hatte im vergangenen Jahr rund 350 Klageverfahren.
Auf die Frage, wie viele der Klagenden am Ende einen Studienplatz erhalten haben, gibt es bei der Leiterin der Rechtsstelle, Petra Banik, keine Antwort. Gern berichtet sie von den Klageverfahren im Fach Psychologie, weil dies eine abschreckende Wirkung haben könnte: Seit Jahren gebe es dort viele Klagen, sagt sie, auf 143 Studienanfänger-Plätze bewerben sich Hunderte, im vergangenen Jahr sind über die Klageverfahren am Ende gerade sieben zusätzlich aufgenommen worden. Ein Beispiel für einen Studiengang, bei dem die Erfolgsquote größer ist, will sie nicht nennen.
Erfolgreiche Klagen
Aus der Sicht des Bremer Anwaltes Tim Lorenzen, dessen Kanzlei mehr als 100 Verfahren führt, sieht die Lage deutlich anders aus: Wenn man von Problemfächern wie Psychologie absehe, sagt er, haben deutlich mehr als 50 Prozent der Klagen im vergangenen Jahr Erfolg gehabt. Und wirkliche Gerichtsverfahren gab es jedenfalls im vergangenen Jahr mit der Bremer Uni am Ende nur für die Psychologen, in allen anderen Fächern einigte man sich im Schnellverfahren.
Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichtes sortiert derzeit die Stapel nach Fächern – für jedes Studienfach wird von der „Beklagten“, also der Hochschule, eine Begründung für die Kapazitätsbegrenzung gefordert. Und dann werden die Stapel Fach für Fach abgearbeitet. Die Hochschulen erlauben den KlägerInnen, einstweilen ihr Studium zu beginnen, sagt Hülle.
Entscheidung ein Jahr später
Für die meisten KlägerInnen ist der Fall dann entschieden, in einzelnen Fällen musste das Oberverwaltungsgericht in zweiter Instanz ein Jahr später entscheiden, ob die zwei Semester lang erbrachten Studienleistungen anerkannt und testiert werden können oder nicht.
Oft findet sich eine Hochschule auch unter dem Druck des Gerichtes bereit, noch eine begrenzte Anzahl weiterer Studienplätze anzubieten – die werden dann nur unter den Klägern verlost. Der Klageweg funktioniert dann wie ein sozialer Numerus clausus – nur wessen Eltern sich nicht scheuen, im Zweifelsfall 1.500 Euro in ihr studierwilliges Kind zu „investieren“, hat da eine Chance.
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