Weiterbildung statt Abrissbirne

Ende eines Häuserkampfes: Nach 40-jährigen Bemühungen hat es die VHS geschafft, den Mietvertrag für eine citynahe Zentrale zu unterzeichnen. Sie zieht in das ehemalige Kaufhaus Bamberger, das eigentlich platt gemacht werden sollte

Alle freuen sich: Sie können zentralisieren, erhalten – oder kürzen

Bremen taz ■ Im Sommer 2007 zieht die Volkshochschule ins „Bamberger Haus“ im Faulenquartier. Bauträger ist Klaus Hübotter, der das ehemalige jüdische Kaufhaus von der Stadt erworben hat und ab April für 4,6 Millionen Euro saniert – wobei unter anderem der kriegszerstörte fast 40 Meter hohe Turm wieder aufgebaut wird. Gestern wurde, unter Beteiligung von Kultursenator Jörg Kastendiek (CDU), ein Mietvertrag mit 20-jähriger Laufzeit unterzeichnet.

Diese Vereinbarung ist geradezu eine „Triple-Win-Situation“: Die VHS hat nach 40-jähriger Suche eine Zentrale gefunden, Hübotter rettet wieder ihm am Herzen liegende historische Bausubstanz und der Kultursenator hat einer seiner Großinstitutionen die Zehnprozent-Kürzung verpassen können, die er allgemein durchsetzen möchte. Voraussetzung für Kastendieks Zustimmung zum Einzug war nämlich, dass die VHS ab kommendem Jahr auf jährlich etwa 270.000 Euro verzichtet. Ein Aderlass, gegen den sich andere Einrichtungen noch heftig wehren.

Konsequenz für die VHS: Sie muss ihre Kurse noch stärker als bisher nach Kostengesichtspunkten kontrollieren. Bereits jetzt würde die Hälfte des Sieben-Millionen-Etats selbst erwirtschaftet, sagt VHS-Direktorin Barbara Loer – womit sie bundesweit an dritter Stelle liege. Die Frage ist nun, wie besonders zuschussbedürftige Veranstaltungen etwa in der Altenarbeit oder Basisbildung aufrecht erhalten werden können. Beispielsweise gibt die VHS jährlich 150.000 Euro für kostenlose Alphabetisierungs-Angebote aus (28.000 BremerInnen haben Bedarf), von denen sie nur 27.000 Euro vom Land zurückerhält.

Trotz des gestiegenen Kostendrucks ist die VHS sehr zufrieden mit der künftigen Zentrale. Bisher wurden die rund 3.850 Kurse an 230 Standorten angeboten, jetzt soll die Hälfte im Faulenquartier stattfinden. Der Nachteil der zum Teil längeren Wege für die TeilnehmerInnen werde mehr als aufgewogen, erklärt Loer: Derzeit gebe es massive Beschwerden über unzulängliche Räumlichkeiten, im Übrigen halte die VHS an ihren vier Regionalniederlassungen fest. Entscheidend aber sei, dass die VHS endlich „einen identfizierbaren Ort“ habe. Im „Kampf für ein Veranstaltungszentrum“ hatte Loer im Lauf ihrer Amtszeit bereits 14 Objekte fest im Blick, bei denen aber immer wieder andere zum Zuge kamen.

Die jetzige Finanzierung ist das Ergebnis einer typisch Hübotter’schen Mischkalkulation: Um die Vier-Euro-Bruttomiete des Ankermieters VHS zu ermöglichen, wird das Erdgeschoss – umgebaut als Passage – an Einzelhändler vermietet. In den Turm kommen Wohnungen, ganz oben womöglich eine Aussichts-Lounge.

Für das Gebäude ist diese Lösung optimal. Vor drei Jahren war noch von Abriss die Rede, dabei ist die 1930 von Heinrich Behrens-Nicolai (Architekt auch der ebenfalls dreieckigen „Centauren“-Apotheke) fertig gestellte Stahlskelett-Konstruktion mit ehemals expressionistischer Backsteinfassade ein bauhistorischer Meilenstein. Auch wenn Europas erste Rolltreppe, die das 1937 zwangsenteignete „Bambüddel“ berühmt gemacht hatte, nicht rekonstruiert wird.

Henning Bleyl