Eine verhängnisvolle Affäre

JUSTIZ Zwei Mordversuche in einem filmreifen Komplott überstand die Pferdewirtin Christin R. aus Lübars, dann starb sie. Nun beginnt der Prozess – unter anderem gegen ihren Exfreund

Die Anklagebank im Saal 500 des Berliner Landgerichts wird am morgigen Donnerstag voll werden: Fünf Menschen sollen in ein Komplott verwickelt sein, das im Juni des vergangenen Jahres zum Tod von Christin R. führte. Die 21-jährige Pferdewirtin aus Lübars, ihr 24 Jahre alter Freund Robin H. und dessen Mutter Cornelia H. spielen dabei die Hauptrolle in diesem Stück, dessen Plot so mies und ausgedacht wirkt, dass sich wohl niemand getraut hätte, daraus einen Krimi zu stricken. Doch die Wirklichkeit hält sich nicht an Fernsehformate.

Christin R. hatte sich im Frühjahr 2011 in den Reiter Robin verliebt und zog mit ihm auf einen Hof im Landkreis Havelland, den seine Mutter gepachtet hatte. H. wollte den Hof wohl gern kaufen. Dabei mangelte es ihm nicht an Selbstvertrauen, nur an Geld. Einvernehmlich überlegten Mutter, Sohn und Verlobte, was man den Banken als Sicherheit anbieten könnte, so Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Schließlich ließ sich Christin R. wie ihr Freund von einem Arzt untersuchen – und das junge Paar schloss eine Risikolebensversicherung zugunsten des jeweils anderen ab.

Bis dahin noch völlig legal. Doch nun müssen Cornelia und Robin H. überlegt haben: Was wäre, wenn der abgesicherte Fall einträfe? Dann würde eine sechsstellige Summe ausgezahlt. Und was wäre, wenn man nicht nur eine oder zwei, sondern gleich acht Lebensversicherungen auf die junge Frau abschließen und diese dann sterben würde? Dann würde der Begünstigte knapp 2,5 Millionen Euro bekommen.

Der erste Mordversuch

Diese im Herbst 2011 geborene Idee muss Mutter und Sohn nicht mehr losgelassen haben. Cornelia H. soll nun Versicherungen auf Christin R. abgeschlossen haben – ohne deren Wissen. Laut Anklage startete die Mutter am Ostermontag vor genau einem Jahr dann den ersten Versuch, ihre ahnungslose Schwiegertochter in spe zu töten.

Die beiden waren allein auf dem Hof, als Cornelia H. in der Küche ihrem Opfer in den Rücken stach. Weitere Stiche wehrte Christin R. ab, während die Ältere sie nun mit einem Grillrost schlug.

Robin H. brachte seine Verlobte ins Krankenhaus, die fortan wieder bei ihren Eltern in Lübars wohnte – und die Messerstecherin anzeigte. Erfolgreich soll die Täterin gegenüber den Beamten aber eine geistige Störung als Motiv behauptet haben. So wurde zwar weiterhin gegen Cornelia H. ermittelt, festgenommen wurde sie aber nicht. Wahrscheinlich auch deshalb, weil sie und ihr Opfer sich räumlich voneinander getrennt hatten.

In der Zwischenzeit soll Robin H. Kontakt zu einer anderen Frau aufgenommen haben, der 27-jährigen Reiterin Tanja L. Diese habe sich von ihm überreden lassen, ihre Nebenbuhlerin mit K.-o.-Tropfen zu vergiften. Ein entsprechender Versuch auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants folgte. Dem Opfer wurde jedoch lediglich schlecht.

Wieder dachte man über Tötungsmethoden nach, diesmal zu dritt, und verfiel nun auf den jüngeren und vorbestraften Bruder der neuen Freundin von Robin H., Tanja L. Dieser Bruder vermittelte den Kontakt zu einem Knastkumpel, der sich bereit erklärte, für 500 Euro zu töten. Dazu sollte das Opfer auf den spärlich beleuchteten Parkplatz am Freibad Lübars gelockt werden, in einem Gebüsch versteckte sich der Auftragsmörder.

Doch Christin R. war vorsichtig geworden – sie muss gespürt haben, dass etwas nicht stimmte. Darum war sie zwar bereit, sich am Freibad mit ihrem Verlobten zu treffen, nahm aber zur Sicherheit eine Freundin mit. Das Komplott drohte erneut zu scheitern, doch Robin H. konnte sein Opfer erneut zum Parkplatz beordern – diesmal erschien Christin R. ohne Begleiterin. Mit einem Seil soll sie von dem Auftragsmörder erwürgt worden sein – unter den Augen von Robin H. und Tanja L.

Die Richter der 35. Strafkammer richten sich derzeit auf einen längeren Indizienprozess ein. Sie haben ihn bis August terminiert, denn alle Angeklagten sollen bislang schweigen – bis auf Tanja L., die gleich nach ihrer Verhaftung ausgepackt habe.

UTA EISENHARDT