Radler wollen Tempo

VERKEHR Zwischenbilanz der Radverkehrsstrategie: Nach wie vor zu viele Gehsteig-Radwege, benutzungspflichtige Radwege und Bettelampeln. ADFC erkennt aber auch Fortschritte

Zwischen 2002 und 2008 ist der Anteil des Radverkehrs von 9,5 auf 12,5 Prozent gestiegen

VON GERNOT KNÖDLER

Das Leben für Hamburgs RadfahrerInnen wird leichter – aber langsam. Zwar hat der Senat seit drei Jahren eine Radverkehrsstrategie und seit zwei Jahren eine grüne Stadtentwicklungssenatorin – aus Sicht des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) hat sich jedoch zu wenig getan. „Für die Alltagsradler sind Fortschritte bislang nicht bemerkbar“, findet der Club. Senatorin Anja Hajduk müsse ihre Aktivitäten beschleunigen.

Ziel der noch unter CDU-Alleinregierung beschlossenen Strategie ist es, den Radverkehrsanteil an allen Wegen bis 2015 auf 18 Prozent zu verdoppeln. Ebenfalls bis 2015 soll das Hauptroutennetz ausgebaut werden. Radler sollen sicherer und in einem freundlicheren Klima ans Ziel kommen. Pro Jahr sollen dafür im Schnitt 4,8 Millionen Euro ausgegeben werden.

Die Radverkehrsstrategie ist überdies Teil der Bemühungen, dem Titel „Umwelthauptstadt Europas 2011“ gerecht zu werden. Er wurde Hamburg im vergangenen Jahr von der EU- Kommission verliehen. Der Verkehr gehörte unter den bewerteten Kategorien zu denen mit dem größten Handlungsbedarf.

Hajduks Sprecherin bezeichnet den Wunsch des ADFC, mehr Tempo zu machen, als völlig legitim: „Auch seitens der Behörde ist eine Forcierung erwünscht.“ Es gebe bereits erste Erfolge: Zwischen 2002 und 2008 sei der Radverkehrsanteil von 9,5 auf 12,5 Prozent gestiegen.

Den ADFC ärgert, dass die Behörde nach wie vor Gehsteig-Radwege saniert, statt konsequent auf Radfahrstreifen auf der Fahrbahn zu setzen. Auf Radfahrstreifen kommen Radler schneller voran und werden besser gesehen.

Zurzeit werde bei 150 Straßen geprüft, ob sie für Radfahrstreifen geeignet seien, teilt die Behörde mit. Am Hammer Steindamm sei gerade ein Radfahrstreifen angelegt worden; vier weitere seien in Planung. „Es wird aber immer Situationen geben, in denen baulich abgesetzte Radwege die bessere Lösung sind“, findet die Behörde.

Die Radlerlobby kritisiert auch, dass an vielen Straßen die Radwege benutzt werden müssen, obwohl das vom Verkehrsaufkommen her nicht geboten wäre. Die Benutzungspflicht ist in solchen Fallen rechtswidrig, wie der ADFC mit Musterklagen in Hamburg gezeigt hat.

Die ADFC-Kritik an „Bettelampeln“, die erst auf Anforderung grün werden, relativiert die Behörde: Sie stellten Fußgänger und Radler nicht unbedingt schlechter, schließlich müssten auch die Autofahrer durch Überfahren einer Kontaktschleife grün „anfordern“. Gleichwohl sollten Bettelampeln künftig restriktiver eingesetzt werden.

Der ADFC erkennt auch an, dass es Verbesserungen gab: Dazu gehören das Fahrradleihsystem, das gut angenommen wird, 1.000 neue Abstellbügel und zusätzliches Personal in der Behörde.

Aus Alltagsradlersicht positiv zu vermerken ist, dass der Senat Sanierungsarbeiten nutzt, um Radwege auf den Stand der Technik zu bringen. Seit einigen Jahren werden die neuen Wege glatt gepflastert und seit kurzem wird der Radverkehr an umgebauten Kreuzungen bequemer geführt, wie etwa am Johannes-Brahms-Platz zu sehen ist.