Berufsverbot oder so ähnlich

Nach einer halbherzigen Kopfnuss darf Duisburgs Trainer Norbert Meier seinen Beruf nicht mehr ausüben. Ein pointiertes Einerseits – Andererseits

Berufsverbot für Norbert Meier. Kann man so machen – muss man aber nicht. Erst recht auf dem Sportplatz. Fair Play sieht anders aus, ist aber eh scheißegal im Profifußball. Der Ehrliche ist halt der Dumme, aber der Dumme ist nicht immer ehrlich wenn es um Tore, Punkte, um die nackte Existenz geht. Meier hat das ausgenutzt, eine Kopfnuss vorgetäuscht und sich theatralisch fallen lassen. Hinterher hat er versucht, dem Kölner Albert Streit die Schuld an dem Vorfall zuzuschieben, indem er ihm mangelnden Respekt vor dem Trainer und seiner Coaching-Zone absprach. Peinlicher geht es nicht. Damit hat sich Norbert Meier für das Traineramt auf Dauer disqualifiziert. Am folgenden Tag hat sich Meier in aller Öffentlichkeit bei Streit und auch bei den Fans entschuldigt und die Geldstrafe des Vereins akzeptiert. Ein feiner Zug. Damit muss der Vorfall erledigt sein. Norbert Meier sollte ab sofort wieder mit der Mannschaft des MSV Duisburg arbeiten dürfen.

Mit dem Berufsverbot greift der DFB jetzt auf ein hoch politisches Instrument der 70er Jahre zurück. Ein Instrument, das damals von der sozialliberalen Bundesregierung eingeführt wurde, um Systemfeinde mit Vorliebe für den real existierenden Sozialismus auszuschalten. Der „Radikalenerlass“ hat sich bewährt, war aber anderseits total überflüssig. Nicht alles in der ehemaligen DDR war schlecht, einiges war sogar gut und nach der Wende 1989 dann eh egal.

Ist Norbert Meier ein Radikaler? Soll er seinen Beruf als Fußball-Lehrer nicht weiter ausüben dürfen? Es spricht vieles dagegen: Meier hat sich in der Vergangenheit offen als Systemfeind geoutet. Der moderne Fußball wird von ihm abgelehnt: 4-4-2, 3-5-2 oder 4-3-2-1. Sogar das Siegen hat sein Team eingestellt und sich damit den Gesetzen der auf Wachstum ausgerichteten Marktwirtschaft perfide entzogen.

Der MSV Duisburg versucht, mit dem niedrigsten Etat der Liga, eine Alternative zur permanenten Kommerzialisierung des Profifußballs zu schaffen. Der Klassenerhalt des vermeintlichen Klassenfeindes aus Meiderich ist nach wie vor machbar. Allein das sollte abseits aller ideologischen Grenzen anerkannt werden. Meier, als Visionär des Profifußballs mit menschlichem Antlitz. Reformator statt Revoluzzer.

Dass Norbert Meier in der Vergangenheit kaum negativ aufgefallen ist – einerlei. Die aktuellen Geschehnisse dürfen keine Milde im Strafmaß zulassen. Meier hat eine ganze Berufsgruppe in ein schlechtes Licht gerückt. Als Trainer eines Profiteams genießt er eine Vorbildfunktion. Wer das Privileg besitzt, mit seinem Hobby eine Menge Geld zu verdienen, muss sich einfach besser im Griff haben.

Norbert Meier hat sich in seiner Karriere immer tadellos verhalten. Als Spieler hat er nie eine Rote Karte gesehen. Und der öffentliche Druck, dem er von Anfang an in Duisburg ausgesetzt war: Das Publikum forderte selbst dann die Entlassung Meiers, als die Mannschaft in der zweiten Liga auf einem Aufstiegsplatz stand. Ist angesichts dieser psychischen Belastung ein kleiner Ausraster nicht allzu menschlich und daher zu verzeihen? Keine Ahnung. Daher gibt es nur ein Urteil: Todesstrafe auf Bewährung.

HOLGER PAULER