Nichts Genaues weiß man nicht

Was ist eigentlich wirklich los mit Haushalt, Innenausschuss und den dicken Kindern? Die einen sagen so, die anderen so

AUS DEM LANDTAG ANDREAS WYPUTTA

„Aus dicken Kindern werden meist übergewichtige Erwachsene.“ Es war Nordrhein-Westfalens Umwelt- und Landwirtschaftsminister Eckhard Uhlenberg (CDU), der gestern die Diskussionen im Landtag der Landeshauptstadt eröffnete. Und zwar mit einem „unserer großen Gesellschaftsprobleme heute“. Genauer gesagt, ging es im Landtag also im weitesten Sinne um Fettleibigkeit, die mindere nämlich „das soziale Ansehen und die sozialen Chancen“, so Uhlenberg. Andererseits sollte man keineswegs übertreiben, denn „neu ist das Problem des Übergewichts nicht.“ Aber sei‘s drum, so oder so müssen halt Verhaltensänderungen her. Auch der Minister und Nebenerwerbslandwirt sieht das so, aber zum Glück mache das Land schon „eine Menge“, brauche aber „unbedingt mehr Eigenverantwortung und Zivilgesellschaft.“

Also beteiligte sich Erik Harms, der Vorstandsvorsitzende der Plattform Ernährung und Bewegung, an der munteren Debatte über dieses so gewichtige Thema. In einigen Gegenden soll die Zahl fettleibiger Kinder ja in den vergangenen zehn Jahren um das zwei- bis dreifache zugenommen haben. Der Professor freute sich deshalb wie ein Kind, dass auch Global Player wie McDonald`s oder Coca-Cola seine Plattform unterstützen würden. Die „Lebensmittelindustrie könne schließlich kein Interesse daran haben, dass sich in 20 Jahren 20 Prozent der Verbraucher nur noch mit Insulin am Leben halten“, glaubt der Wissenschaftler. Und noch besser: „Bei McDonald`s können Sie auch Salat essen“ – das hätten Harms‘ eigene Forschungen ergeben.

Industrie und Verantwortung, ein interessantes Thema. Auch für Karl-Peter Brendel, den Staatssekretär im Innenministerium. Brendel traf später tatsächlich auf vier anwesende Top-Manager des Energieversorgers RWE, dessen Strommasten im Münsterland unlängst bei einem Schneesturm Ende November umknickten – ganz schön komplex. Wie das Dankeschön des Staatssekretärs an die drei Männer und die eine Dame von RWE: „Schön, dass Sie gekommen sind“. Weise Worte hatte Brendel gewählt und mit einer Erkenntnis verbunden: „Am Freitag, den 24. November, setzte Schneefall ein.“

Dann kam die Stunde der Strommanager. Entschuldigen sie sich bei 160.000 Menschen, die offenbar einige Tage ohne Strom und Heizung ausgekommen sind? Schwierig. Es war wirklich außergewöhnlich viel Schneefall gerade im November im Münsterland gefallen: „Das war ein Jahrhundertereignis.“ Na ja, vielleicht fehlte schlichtweg die Zeit für eine Abbitte.

Zum Scheitern sprechen können hätte auch CDU-Landesfinanzminister Helmut Linssen. Natürlich ging es um den Haushalt 2006, um eine von den Koalitionsfraktionen geforderte Nettoneuverschuldung von weniger als sechs Milliarden Euro. Dann wurde es schrecklich kompliziert: Erhöhungen des Weihnachtsgelds für Landesbeamte in Höhe von 408 Millionen Euro? Hatte das Rot-Grün nicht auch schon nicht zahlen wollen? Wird das jetzt noch einmal als Einsparung verbucht? Man weiß es nicht.

Aber auch etwas Entwarnung. Denn Schwarz-Gelb investiere immerhin in „Köpfe und Kinder“, sagte Linssen. Nun ja, bei Kindertagesstätten wurden 166 Millionen Euro eingespart. Aber auch das gehört zur Realität.

Hätte, könnte, müsste – dann hingen die Feindbilder in der Luft. Denn Linssen mag den „neuen Stil“ seiner Koalition, mag aber nicht rot-grünes „Theater“ – ja, er versprach keinen Nachtragshaushalt mit neuen Schulden vorlegen zu wollen: „Sie können mich daran messen, denn ich möchte noch etwas länger Finanzminister bleiben.“ Es bleibt spannend im Landtag, diesem schönen, aber auch hässlichen Gebäude in Düsseldorf.