Streikbrecher in den Bundesrat

GRUNDRECHTE Der Einsatz von Leiharbeitern in bestreikten Betrieben höhlt die Tarifautonomie aus, sagt die Hamburger Linksfraktion. Um das zu ändern, soll sich der SPD-Senat auf Bundesebene engagieren

Nicht weniger als einem bedrohten Grundrecht möchte die Hamburger Linkspartei zur Seite springen: „Die grundgesetzlich verankerte Tarifautonomie ist durch verschiedene, letztendlich systematische Veränderungen anderer Gesetze ausgehöhlt worden“, sagt die wirtschaftspolitische Sprecherin der Hamburger Linken, Kersten Artus. „Wer nicht wirkungsvoll streiken kann oder darf, dem bleibt nur das individuelle oder kollektive Betteln.“ Abhelfen soll nun eine Bundesratsinitiative, zu dem die Linke den Hamburger Senat auffordern will.

Worum geht es? Seit November 2012 befinden sich die Beschäftigten des Verpackungsherstellers Neupack in Hamburg-Schnelsen und dem niedersächsischen Rotenburg/Wümme im Konflikt um einen neuen Tarifvertrag. Das Familienunternehmen setzte zunächst Leiharbeiter, später befristetet eingestellte Arbeitskräfte ein, um den Arbeitskampf der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie ins Leere laufen zu lassen.

Auch in mehrere Monate dauernden Arbeitsniederlegungen, sagt Artus, „ist es den Streikenden nicht gelungen, die starre Haltung der Inhaber zu brechen“, weil diese Streikbrecher hätten einsetzen können. So sei die „wirtschaftliche Situation nicht schmerzhaft genug“ gewesen, um einen neuen Tarifvertrag durchzusetzen.

Die „Deregulierung“ von Arbeitnehmergesetzen solle nun „zurückreguliert“ werden, sagt Hamburgs Linksfraktionschefin Dora Heyenn: In der nächsten Sitzung der Bürgerschaft am 27. März werde man eine entsprechende Bundesratsinitiative beantragen. Damit wolle ihre Partei „ein klares Zeichen für die Stärkung des Streikrechts setzen“, sagt Heyenn. So solle etwa das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz dahingehend ergänzt werden, dass künftig verboten ist, Leiharbeitskräfte in bestreikten Betrieben einzusetzen. Auch solle der Agentur für Arbeit untersagt werden, Arbeitssuchende in bestreikte Betriebe zu vermitteln. Beschränkt sehen will man auch die Möglichkeit von Lohndumping und den Missbrauch der EU-Entsenderichtlinie.

Fraktionschefin Heyenn sieht gewisse Anzeichen dafür, dass die allein regierenden Sozialdemokraten die Linken-Initiative unterstützen. „Und wenn sie unseren Antrag ablehnen und einen eigenen machen“, so Heyenn pragmatisch, sei ja auch „der Zweck erreicht“.  KAI VON APPEN