Eine fast schon logische Konsequenz

Erstmals seit zehn Jahren verpasst Manchester United den Sprung ins Achtelfinale der Champions League.Trainer Alex Ferguson wird bis zu seinem Abschied im Sommer wohl dennoch weiterregieren dürfen – als „lame duck“

LONDON taz ■ Vor der entscheidenden Partie von Manchester United bei Benfica Lissabon im Estádio da Luz wurde immer wieder an den verstorbenen George Best erinnert, der am gleichen Ort vor 39 Jahren in seinem wohl besten Spiel zwei Tore für die „Red Devils“ schoss und im Finale von 1968 mit seinem Treffer gegen den gleichen Gegner die Wende einläutete. Nur drei Mitglieder jener siegreichen Europapokalmannschaft waren jedoch der Einladung des Vereins nach Lissabon gefolgt. Der Rest hatte vielleicht gespürt, dass demonstrative Beschwörungen der Vergangenheit meist dort gefragt sind, wo es wenige Zukunftsperspektiven gibt. Nicht mal den für das Erreichen der letzten 16 nötigen Punkte gewann ein jämmerlich schlechtes United letztlich, sondern: Man verlor mit 1:2 und muss erstmals seit zehn Jahren zuschauen, wenn im Frühjahr die K.o.-Runden der Champions League anstehen.

„Ich bin schockiert“, sagte Sir Alex Ferguson mit hochrotem Kopf, dabei war die Pleite in Portugal eine fast schon logische Konsequenz des beständigen Verfalls der einstmals besten Fußballmannschaft Europas: 2002 war man noch bis ins Halbfinale gekommen. 2003 schied man im Viertelfinale aus, 2004 und 2005 zweimal im Achtelfinale. Mit den vom Trainer gern bemühten unglücklichen Gegentoren, Verletzten oder Schiedsrichterentscheidungen hat dieser Abstieg nichts zu tun. In Wahrheit hat der Schotte die glorreiche Mannschaft der Neunziger nach dem Champions-League-Gewinn mit vielen falschen Transferentscheidungen und seiner maßloser Selbstüberschätzung systematisch heruntergewirtschaftet. Dass einer Offensivabteilung mit Wayne Rooney, Ruud van Nistelrooy und Cristiano Ronaldo ganze drei Tore in sechs Gruppenspielen gelangen, sagt viel über die taktischen Defizite der „Lämmer von Lissabon“ (Daily Mail).

Der Boulevard schreibt nun von einem Verlust von 22 Millionen Euro. Die wären allerdings, wenn überhaupt, nur im Idealfall, also mit dem Gewinn des Wettbewerbs, zu erzielen gewesen. Ohnehin wiegt die sportliche Niederlage weitaus schwerer. Besonders für Alex Ferguson, den für seine vorherigen Verdienste sogar von der Queen geadelten Trainer. Die vorzeitige Demission bleibt ihm nur wegen der eklatanten Führungskrise im Verein erspart. Die Glazer-Familie, die neuen Machthaber bei ManU, traut sich eine so weit reichende Entscheidung noch nicht zu, Geschäftsführer David Gill war schon vor der Übernahme durch die Amerikaner ein konfliktscheuer Zauderer. Sir Alex wird also bis zu seinem Abschied im Sommer als „lame duck“ (lahme Ente) weiterregieren; ohne Autorität, wie ein amerikanischer Präsident im letzten Amtsjahr. RAPHAEL HONIGSTEIN