Stau bei Sanierung: Fehlende Füße und Forschung

Das Schifffahrtsmuseum ist Bremens einziges Ausstellungshaus, das als „national bedeutende Einrichtung“ vom Bund gefördert wird. Doch wie lange noch?

Über eine moderne Präsentation der Kogge will sich Jens Böhrnsen 2016 freuen, sofern der Bund zahlt. : dpa

Das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven benötigt 100 Millionen Euro, um sowohl baulich als auch inhaltlich die 70er-Jahre hinter sich zu lassen. So weit sind sich die Verantwortlichen vor Ort, auf Landes- und auf Bundesebene einig.

Doch der Weg zur Sanierung sorgt für Streit. „Verärgert“ ist der kulturpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Claas Rohmeyer, über die jüngste Stellungnahme des Senats zur Museumssanierung. Das umfangreiche Papier stecke voller „Nebelkerzen“.

Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Frage, was die Planungsänderungen bedeuten, die am 2009 beschlossenen Masterplan vorgenommen wurden. Der dort vorgesehene „erste Bauabschnitt“, innerhalb dessen immerhin 42 Millionen Euro investiert werden sollen, wurde neu konzipiert. Bedeutet das eine „klammheimliche Halbierung“ des Sanierungsumfangs, wie Rohmeyer befürchtet, oder geht „die Fraktion der CDU von unzutreffenden Annahmen aus“, wie der Senat kontert?

Fakt ist, dass das ursprünglich geplante große neue Schaumagazin im Süden des Gebäudeensembles aus dem ersten Bauabschnitt herausgenommen und in eine ungewisse Zukunft verschoben wurde. Denn insgesamt liest sich die Stellungnahme des Senats durchaus so, als sei nun alles Unverzichtbare in den ersten Bauabschnitt hineingezogen worden – weil „die Finanzierung der weiteren Bauabschnitte des Masterplans weder durch den Bund noch durch das Land gesichert ist“, wie der Senat selbst bekundet.

Das neue Konzept sei daher „integrativ und nicht rein additiv“. Bedeutet das im Klartext: Notfalls muss das Wichtigste mit den 42 Millionen bewerkstelligt werden, die Bund und Land jeweils zur Hälfte zugesagt haben – unter Substraktion solcher Dinge wie dem neuen Schaumagazin? Zumindest muss das erledigt werden, was die Leibniz-Gemeinschaft bei ihrer bald anstehenden Evaluation voraussetzt. Denn der Verbund der nationalen Forschungsinstitute entscheidet über die Beteiligung des Bundes an der Museumsfinanzierung.

Schon bei ihrer letzten Begutachtung hatte die Leibniz-Gemeinschaft verlangt, dass die wissenschaftlichen Arbeitsplätze und die Bibliothek umgestaltet werden müssen. Offenbar nimmt die im April vergangenen Jahres ins Amt gekommene Direktorin diese Mahnungen ernst – und fürchtet gleichzeitig, das alles, was jetzt nicht angepackt wird, gar nicht mehr mehr angepackt werden könnte. Dazu gehört übrigens auch die räumliche Öffnung des Hauses hin zum Seedeich, die vom fiktiven sechsten in den ersten Bauabschnitt befördert wurde.

Bereits im Dezember hatte es der Vorsitzende des Kuratoriums zur Förderung des Schifffahrtsmuseums, Manfred Ernst, als „fatal“ bezeichnet, wenn tatsächlich „nur“ die 42 Millionen investiert würden. Das Kuratorium werde sich „mit Nachdruck gegen die abwartende Haltung von Bürgermeister Böhrnsen stellen“. Böhrnsen ist Stiftungsrat-Vorsitzender des Museums.

Die aktuelle Stellungnahme des Senats klingt auch jetzt nicht allzu konkret oder scheint über die Maßen belastbar: „Die Elemente der weiteren Bauabschnitte des Masterplans umsetzen zu können, bleibt als längerfristiges Ziel vorgesehen.“ Immerhin gebe es „keine Zweifel an der Fortführung der zugesagten hälftigen Finanzierung des ersten Bauabschnitts durch den Bund“.

Wenn sich das Museum nicht sowohl als Forschungsmuseum wie auch als touristische Einrichtung neu aufstelle, warnte Kuratoriums-Chef Ernst, drohe der Abstieg zum „Provinzmuseum“. Über ersteres entscheidet in wenigen Wochen die Leibniz-Gemeinschaft – über die touristische Tragfähigkeit des Hauses wird dagegen mit den Füßen abgestimmt. Im Jahr 2013 kamen nur noch knapp 100.000 Menschen ins Haus – nur halb so viele wie noch 2008.

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