Bürgerliches Engagement: Weiße Kittel, hellrote Null

Als kein Betreiber mehr wollte, traten wohlhabende Bürger ein: Nach einem Jahr sieht sich das „Bürgerspital“ in Einbeck auf der Erfolgsspur.

Grüne Damen sind auch in Einbeck hilfreich bei der Begleitung der Patienten. Bild: dpa

HAMBURG taz | Es war ein bundesweit einzigartiges Modell: Ein Jahr ist es her, dass mehrere Familien die Trägerschaft für das insolvente Krankenhaus der niedersächsischen Kleinstadt in Eigenregie übernahmen. Jetzt zogen die Verantwortlichen eine erste Bilanz: Wirtschaftlich sieht sich das „Einbecker Bürgerspital“ auf einem guten Weg.

„Das Geschäftsjahr 2013 konnte mit einer hellroten Null abgeschlossen werden“, sagt der kaufmännische Geschäftsführer der Klinik, Hans-Martin Kuhlmann. „Das mit den Kostenträgern vereinbarte Budget konnten wir einhalten.“ Nach jahrelanger Unsicherheit kämen inzwischen wieder verstärkt Patienten ins Krankenhaus, rund 5.000 Menschen seien im vergangenen Jahr stationär aufgenommen und behandelt worden. Nun gehe es darum, aus der hellroten Null eine schwarze zu machen und die 110-Betten-Klinik mit ihren derzeit 230 Mitarbeitern zu stabilisieren.

Das Krankenhaus war 2011 in finanzielle Schieflage geraten. Zwei Monate lang zahlte der damalige Träger, die Gesellschaft für Hospital-Management (Gehoma), keine Löhne aus, gleichzeitig suchte man nach einem solventen Käufer. Der schien mit der Arbeiterwohlfahrt Sachsen-Anhalt zunächst gefunden – bis sie sich im Oktober 2012 zurückzog. Das Krankenhaus meldete Insolvenz an, das Ende schien besiegelt.

Dann aber hätten einige Einbecker Familien beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, erzählt der medizinische Direktor der Klinik, Olaf Städtler. Ein rundes Dutzend Gesellschafter – allesamt mehr oder weniger wohlhabend – gründeten demnach eine gemeinnützige GmbH als Träger des Einbecker Bürgerspitals. Welchen Betrag sie genau eingezahlt haben, ist offiziell unbekannt, die Rede ist indes von mehreren Millionen Euro. Zudem gab die Stadt Einbeck einen Investitionszuschuss in Höhe von 500.000 Euro und zeichnete einen stillen Gesellschaftsanteil von weiteren 2,5 Millionen.

Rund 50 der bis dahin 280 Mitarbeiter wurden im Zuge der wirtschaftlichen Sanierung entlassen. Die verbleibenden Beschäftigten stimmten einem Lohnverzicht von 8,5 Prozent zu.

Dieses Minus ergebe sich aus dem Verzicht auf Jahressonderzahlungen, sagt Julia Niekamp von der Gewerkschaft Ver.di, die Höhe der Löhne und Gehälter selbst werde nicht angetastet. Immerhin sei es aber gelungen, „die Arbeitgeberseite“ von ihrer ursprünglichen Forderung – elf Prozent weniger Gehalt – herunterzuhandeln. „Unter dem Strich“, erklärt die Gewerkschafterin, „ist der Beitrag der Beschäftigten zur Sanierung des Unternehmens mit rund 3,5 Millionen Euro am größten.“

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