Julia Gillard übersteht parteiinterne Revolte

AUSTRALIEN Ihr Vorgänger Kevin Rudd wollte doch nicht gegen die Premierministerin kandidieren

Australiens Regierung hat sich am Donnerstag offiziell für die erzwungene Adoption Zehntausender Babys entschuldigt, die meist als Kinder unverheirateter Frauen zur Welt gekommen waren. Dass sie ihren Müttern weggenommen worden seien, habe „ein lebenslanges Vermächtnis des Schmerzes und des Leidens“ verursacht, sagte Premierministerin Julia Gillard. Die betroffenen Mütter seien bei den Adoptionen nicht über ihre Rechte aufgeklärt und getäuscht worden. 1951 bis 1975 wurden 225.000 Babys ihren Müttern weggenommen. (afp)

AUS CANBERRA URS WÄLTERLIN

Julia Gillard, die erste Frau an der Spitze der australischen Regierung, bleibt im Amt. Eine interne Abstimmung der Labor Party fiel am Donnerstag zu ihren Gunsten aus, weil der potenzielle Herausforderer Kevin Rudd in letzter Minute doch nicht gegen sie kandidierte. Zuvor hatte Gillard dem internen Druck nachgegeben und alle Ministerposten ihrer Regierung zur Verfügung gestellt, auch ihren eigenen.

Vorangegangen waren wochenlange Spekulationen über eine Rückkehr Rudds an die Labor-Spitze und damit ins Amt des Premiers. Rudd war selbst 2010 von Gillard gestürzt worden, hatte eine erneute Abstimmung gegen sie im Februar 2012 aber verloren. Berichten zufolge soll er jetzt die Unterstützung aller Parteikollegen im Aufsichtsrat verlangt haben. Diese habe er wohl nicht erhalten. Hätte Rudd eine Mehrheit der Stimmen der rund 100 Delegierten bekomme, wäre Gillard sofort abgelöst worden. „Man kann wohl sagen, daß die Premierministerin starke Unterstützung hatte“, meinte Wayne Swan, Gillards Stellvertreter. Er wurde ebenfalls in seinem Amt bestätigt.

Zur Eskalation war es gekommen, weil Gillard in Umfragen immer mehr an Unterstützung verliert. Vor allem konservative Medien werfen ihr vor, sie sei hinterlistig und inkompetent. Die Einführung einer CO2-Steuer kostete sie weitere Wählerstimmen. Hält der Abwärtstrend an, dürfte die konservative Opposition unter Tony Abbott die Parlamentswahlen am 14. September gewinnen. Er machte früher aus seiner ultrakonservativen und streng katholischen Gesinnung kein Geheimnis, hat sich in aber im Ton gemäßigt. Kritiker werfen ihm Frauenfeindlichkeit und Rassismus vor. Auch bezeichnete er Klimawissenschaft einmal als „Mist“. Er ist zwar auch nicht sehr beliebt, gilt im Vergleich zu Gillard aber als „das kleinere von zwei Übeln“, wie ein Kommentator meinte. Rudd dagegen ist in der Bevölkerung am beliebtesten. In seiner Partei gilt er aber als unkommunikativer Despot mit Hang zum „Mikromanagement“. Das Festhalten an Gillard dürfte Labor weiter schwächen.