WIE SIND WIR DENN DRAUF?
: Irgendjemand kann das noch gebrauchen

Wer den kleinen weißen Küchenschrank mitgenommen hat, werden wir wohl nie erfahren. Aber es hat keine drei Stunden gedauert. Wir haben ihn gegen 10 Uhr auf den Gehweg gestellt, daran ein Zettel: „Zu verschenken“. Als wir um 13 Uhr aus der Tür linsen, ist das gut erhaltene Ikea-Stück schon weg. Irgendjemand konnte es besser gebrauchen – und das entschuldigt diese Ordnungswidrigkeit.

Wir haben schon öfter Dinge der Allgemeinheit angeboten: Eine Kommode, einen Spiegel und eine große Glasplatte sind wir auf diese nachhaltige Weise losgeworden. Ein Stuhl, der beim Einzug als Letztes in die Wohnung wandern sollte, verschwand sogar unbeabsichtigt.

Viele in Prenzlauer Berg tun es uns gleich: Sie stellen Küchenutensilien raus, Kleidung, Bücher und alte VHS-Kassetten. Vor kurzem fanden wir zwei Kisten mit Lego-Steinen. Wie man hört, hat diese Tauschbörse auch in anderen Stadtteilen ihre Fans.

Der Vollständigkeit halber muss man sagen: Bei manchen Dingen klappt es nicht. Straßenhüter sind Röhrenfernseher (will keiner mehr), Lattenroste (kann keiner spontan abtransportieren) und Matratzen (meist in unappetitlichem Zustand). So etwas steht oder liegt oft tagelang herum und erregt den Zorn der Bezirksämter.

„Mangelndes Verantwortungsgefühl gegenüber dem Straßenland“ wirft Torsten Kühne, Pankows CDU-Stadtrat für öffentliche Ordnung, Menschen wie uns vor. Und es werde immer schlimmer: Pankow habe 2008 rund 800-mal die BSR beauftragt, Sperrmüll abzuräumen, 2012 aber 1.700-mal. Zuletzt kostete das alle Bezirke zusammen rund 5 Millionen Euro im Jahr, so BSR-Sprecher Bernd Müller, der jedoch keine Zunahme beobachtet hat.

Er empfiehlt den Verschenkmarkt auf der BSR-Website und natürlich die Recylinghöfe. Stadtrat Kühne bittet, nur anerkannte Tauschplätze zu nutzen, etwa den Bücherbaum in der Sredzkistraße, wo Ausgelesenes geschützt abgelegt werden kann.

Alles gute Tipps. Sie machen die Sache nur so furchtbar kompliziert. Fragen Sie mal unseren Küchenschrank. BIS